Pfingsten von Heinrich Seidel
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Es sandte der Frühling, der frohe Geselle, |
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Viel lustige Boten, sein Kommen zu künden: |
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Die schimmernden Glöckchen im weissen Gewand, |
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Narzissen, Tazetten und Hyazinthen, |
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leuchtende Krokos und liebliche Veilchen. |
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Erst rief die Meise an milden Tagen, |
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Dann lullte die Lerche in laueren Lüften, |
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Dann tönte so fröhlich des Finken Fanfare, |
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Und dann in wiegenden Wipfeln des Waldes |
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Da schlug die Amsel im Abendroth. |
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Sie riefen es alle: "Er kommt, er kommt!" |
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Und siehe, er kam, der sonnige Sieger, |
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Zu Häupten die Wolke von schweifenden Schwalben. |
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Er kam, umklungen von Nachtigallchören, |
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Von Faltern umflattert, von Bienen umflogen, |
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Und Rosen trug er in seiner Rechten |
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Und liebliche Lilien in seiner Linken |
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Maiblumen umblühten sein goldenes Haar. |
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Nun pflanzen wir auf die Fahnen des Sieges, |
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Die lustigen Büsche der leuchtenden Birke. |
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Es flattern und wehen die fliegenden Wimpel |
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Von hohen Gerüsten, Thürmen und Thoren. |
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Es kündet ihr Duften in dumpfen Kellern |
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Des frischen Frühlings fröhlichen Gruss. |
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Sie winken und wehen von Karren und Wagen. |
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Ja selbst der magere mürrische Miethsgaul |
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Erhält zur Zierde ein grünes Zweiglein |
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Als frohes Zeichen der fröhlichen Zeit. |
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Nun strömt es hervor aus Strassen und Thoren |
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Wo Wiesen sich weiten, wo winket der Wald, |
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Die blühenden Mädchen, die Menschenblumen |
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Leuchten im Grün mit lichten Gewändern. |
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Doch heller noch glänzen und rosiger glühen |
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Die lächelnden Augen, der liebliche Mund. |
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Ja selbst der vertrocknete trübe Philister |
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Fühlet ein wenig von wirklicher Wonne! |
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Ihm fährt's in die Beine, er hüpft wie ein Böcklein |
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Und trällert ein Liedchen und trabt in die "Boombluth". |
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Doch andere wandern auf anderen Wegen, |
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Wo zwischen Bäumen und Blüthengebüschen |
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Mit röthlichen Mauern der Dom emporragt |
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Und im Sonnenglanz, umschweift von Schwalben., |
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Hoch zum Himmel mit riesigem Finger |
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Hinaufzeigt, mächtig mahnend die Menschen. |
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Feierlich tönen die frommen Choräle |
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Und der Orgel wundergewaltiges Dröhnen |
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Hinaus in die heitre wonnige Welt. |
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Doch rings in der Runde in Blüthengebüschen |
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Da jubeln und jauchzen die Nachtigallen. |
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Sie singen das Lied von Liebe und Leben |
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Und alles mischt sich zu mächtigem Chore, |
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Das Frühlingsjauchzen, die frommen Gesänge. |
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Sie steigen vereinigt zur Höhe, zum Himmel, |
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Zum gütigen Gotte, der alles gegeben. |
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Zu ihm, den herrlichen Herrscher der Welt! |
Details zum Gedicht „Pfingsten“
Heinrich Seidel
2
55
353
1842 - 1906
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts „Pfingsten“ ist Heinrich Seidel, ein Schriftsteller des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Das Gedicht hinterlässt einen insgesamt beschwingten, fröhlichen ersten Eindruck. Es beschreibt den Anbruch des Frühlings, der mit seinen vielen Boten - in Form von Tieren und Pflanzen - einen würdevollen Einzug hält. Es wird eine Atmosphäre des Auflebens und der Lebensfreude erzeugt. Im zweiten Teil des Gedichts geht der Fokus auf die menschliche Seite über. Auch die Menschen feiern den Anbruch des Frühlings und ziehen fröhlich in die Natur hinaus. Manche begeben sich zu religiösen Stätten, um dort Gottesdienste zu feiern.
Das lyrische Ich beschreibt die Freude und das Glück, die der Frühling mit sich bringt. Es stellt den Frühling als „sonnigen Sieger“ dar, als eine mächtige und benevolente Kraft, die die Natur zum Leben erweckt und Freude in die Herzen der Menschen bringt. Es scheint, als ob mit dem Frühlingserwachen auch die Menschen „erwachen“ und zum Leben erblühen.
Was die Form und Sprache des Gedichts angeht, so ist es in freie Verse verfasst, ohne ein strenges Reimschema. Das Gedicht ist in zwei Strophen unterteilt, mit mehreren Versen in jeder Strophe. Im gesamten Gedicht verwendet der Autor eine reichhaltige, lebendige und bilderreiche Sprache, verbunden mit einer Vielzahl von Metaphern und Bildern. Es enthält zahlreiche Alliterationen (wie „blühenden Mädchen, die Menschenblumen“) und Assonanzen (wie „rosiger glühen Die lächelnden Augen, der liebliche Mund“), die den sprachlichen Fluss des Gedichts betonen und einprägsam machen.
Zusammenfassend thematisiert das Gedicht den Übergang vom Winter zum Frühling und die Lebensfreude, die dieser Wandel mit sich bringt. Der Frühling wird dabei als machtvoller und freudiger Erlöser dargestellt, der die Natur und die Menschen aus dem Winterschlaf erweckt und für Freude und Glück in der Welt sorgt.
Weitere Informationen
Heinrich Seidel ist der Autor des Gedichtes „Pfingsten“. Der Autor Heinrich Seidel wurde 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1858 bis 1906 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 353 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 55 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Der Dichter Heinrich Seidel ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Zug des Todes“, „Der Tod Moltkes“ und „Wälder im Walde“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Pfingsten“ weitere 216 Gedichte vor.
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Zum Autor Heinrich Seidel sind auf abi-pur.de 216 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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