Der Luftballon von Heinrich Seidel

Das war wohl nicht nach deinem Sinn,
o weh, mein kleiner Hans!
Da fliegt dein Luftballon dahin
im Morgensonnenglanz.
 
Und alle Leute um und um,
sie stehn und sehn empor
und freun sich gar und lachen drum,
daß Hänschen ihn verlor.
 
Da geht er ab und segelt fort,
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empor mit leichtem Flug
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und sucht sich einen andern Ort
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die Welt ist groß genug.
 
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In blaue Luft steigt er gemach,
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und unerreichbar fern verstrahlt
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er überm Kirchendach
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als wie ein roter Stern.
 
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Nach Süden segelt er geschwind,
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zum fernen Afrika,
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wo all die schwarzen Menschen sind,
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und bald ist er schon da
 
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Wie dann sich wohl die Neger freun,
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und alles tanzt und springt,
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wenn übermorgen um halb neun
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er dort heruntersinkt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Der Luftballon“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
121
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Verfasser dieses Gedichts ist Heinrich Seidel, ein deutscher Ingenieur und Schriftsteller, der von 1842 bis 1906 lebte. Sein Werk ist dem Realismus zuzuordnen, welcher in Deutschland etwa zwischen 1850 bis 1890 vorherrschte.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht eine leichte und unschuldige Kinderanekdote zu erzählen, aber bei genauerem Hinsehen ist auch eine sozialkritische Bemerkung erkennbar.

Inhaltlich geht es um einen Jungen namens Hans, der seinen Luftballon verliert. Dieser steigt immer höher, bis er schließlich aus der Sicht verschwindet und „unerreichbar fern“ scheint. Der Luftballon wird dabei als eine Art Wunscherfüller dargestellt, der zu den „schwarzen Menschen“ in Afrika fliegt und ihnen Freude bringt. Indem der Luftballon von der westlichen zur südlichen Hemisphäre reist, könnte dies als eine Metapher für das Überbringen von Hoffnungen und Freude verstanden werden.

Das lyrische Ich, welches Hans über den Verlust seines Luftballons tröstet, könnte als erwachsene Person interpretiert werden, die versucht, Hans den Verlust seines Spielzeugs zu erleichtern, indem sie ihm eine Geschichte erzählt.

Das Gedicht setzt sich formal aus sechs vierzeiligen Strophen zusammen und beschreibt in einer geradlinigen chronologischen Reihenfolge den Aufstieg und die Reise des Luftballons. In jedem Vers finden sich Ende-Reime (aabb), die das Gedicht für Kinder leicht verständlich und rhythmisches machen.

In Bezug auf die Sprache fallen einige Archaismen und Dialektwörter auf, die dem Gedicht einen altertümlichen Charakter verleihen und dem Leser suggerieren, dass dies eine Geschichte aus einer anderen Zeit ist.

Das Gedicht kann als sozialkritische Anmerkung interpretiert werden, die die soziale Ungleichheit zwischen verschiedenen Teilen der Welt thematisiert by hervorhebend wie viel Freude ein einfacher Luftballon in Afrika bringen könnte, wo Spielzeug als Luxus betrachtet werden könnte. Durch diese alternative Lesart erhält das scheinbar unschuldige Kinderlied eine tiefere, ernstere Bedeutung.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Luftballon“ ist Heinrich Seidel. Seidel wurde im Jahr 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Zwischen den Jahren 1858 und 1906 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 121 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Seidel sind „Arbeit ist das Zauberwort“, „Die schönen Bäume“ und „Meine Puppe kriegst du nicht!“. Zum Autor des Gedichtes „Der Luftballon“ haben wir auf abi-pur.de weitere 216 Gedichte veröffentlicht.

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