In memoriam von Heinrich Seidel
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Wie ging ich einst so gern den Pfad zu dir |
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An jenem Hügelhang. wo leis im Grunde |
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Im kühl bethauten Grünen lief der Bach |
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Entlang den Wiesenrand. Dann über's Brückchen |
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Am Garten hin, der blüthenreiche Wipfel |
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Ob seinem Zaun hinüberquellen liess. |
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Das Pförtchen klirrte dann. In Schattenkühle |
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Und süssen Duft des Gartens trat ich ein, |
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Und durch gewundne Gänge führte mich |
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Zum rosenüberrankten Häuschen hin |
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Der liebgewohnte Pfad. Dein Zimmerchen, |
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Wie zierlich war's, von mildem Duft erfüllt, |
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Von Sonnenschein und lieblichem Gesang |
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Des gelben Vögelchens. Und alles dort |
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So rein und so voll stiller Harmonie. |
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Versunken war die laute Welt. Du lebtest |
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In deinem eignen Duft wie eine Blume. |
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Von allem unberührt, was roh und häßlich |
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Im Staub der Strasse wild sich hastend drängt. |
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Weiss trugst du gern und zart Violenblau. |
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Von einem sanften Rosenschimmer war |
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Dein lieblich Antlitz eben nur durchleuchtet. |
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Ich seh' dich noch, wie einstmals du im Garten |
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Bei jenem schönen Zentifolienstrauch |
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Das weiche zart geschwellte Blüthenrund |
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An deine Wange schmiegtest schwesterlich. |
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Noch tönt es mir im Ohr, wenn gleich dem Bächlein, |
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Das hin durch Blumen lieblich rieselt, |
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Du plaudertest in stiller Dämmerung, |
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Wenn wir am Fenster sassen und im Westen |
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Des Abendrothes Schimmer still versank. |
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Wie ging ich einst so gern den Pfad zu dir. |
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In deiner Augen unschuldvolles Blau, |
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Bis in die Tiefen deiner reinen Seele |
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Voll Andacht blickt ich, und ein süsser Friede |
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Und eine Ahnung einer bessren Welt |
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Beschlich gar sanft mein zweifelvolles Herz. |
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Es führt nicht mehr derselbe Pfad zu dir |
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Wie einst vordem, und einmal nur im Jahr |
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Zur Zeit der Rosenblüthe wandl' ich ihn. |
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Er führt empor den düstern Lindengang |
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Durch jenes Eisenthores schwere Flügel. |
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Zypressen steh'n und Trauerweiden dort |
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Um blumenreiche Hügel. Sorgsam spinnt |
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Der dunkelgrüne Epheu seine Ranken |
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Um finstre Kreuze hin. - Am Juniabend, |
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Der still sich in die Nacht hinüberträumt, |
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Sitz' ich alleine dort an jenem Hügel, |
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Darauf die rosigweissen Rosen blühn, |
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Und denke dein, du holde Lichtgestalt. |
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Du gingst so früh zu jenen reinen Höhn, |
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Wo deine Heimath war. - Nur in den Herzen |
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Der wenigen, die dich kannten, lebst du noch |
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Ein selig Traumgebild. |
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Ich sitze einsam |
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Und denke dein. Schon dunkelt's im Gebüsch. |
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Aus finstren Schatten steigt die Nacht empor, |
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Die alte ew'ge Nacht, die unser aller |
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Wie wir's auch treiben - Ziel und Ende bleibt. |
Details zum Gedicht „In memoriam“
Heinrich Seidel
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59
383
1842 - 1906
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Dieses Gedicht stammt von Heinrich Seidel, einem deutschen Ingenieur und Schriftsteller, der zwischen 1842 und 1906 lebte. Seidel ist bekannt für seine Gedichte, Novellen und Romane, auch wenn sein literarischer Ruhm während seines Lebens begrenzt war.
Beim ersten Lesen des Gedichts „In Memoriam“ überkommt einen eine tiefe Melancholie und eine Art Wehmut. Es ist klar, dass der Dichter um jemanden trauert und sich in intensiven Erinnerungen an diese Person verliert. Es scheint, dass der Autor einen Weg beschreibt, den er immer entlang ging, um eine geliebte Person zu besuchen. Ihre Beziehung ist reich an Zuwendung und Reinheit, was durch metaphorische Elemente wie die harmonische Natur, die Blütenpracht, das Blau der Augen und die weißen und violetten Kleider ausgedrückt wird.
Im Mittelteil des Gedichts wird dem Leser bewusst, dass die geliebte Person nicht mehr lebt und der Pfad, der einst zu ihrem Zuhause führte, nun zu ihrem Grab führt. Die Dunkelheit übernimmt die Szene und spiegelt den Verlust und die Trauer des lyrischen Ichs wider.
Die Form des Gedichts ist in Strophen unterteilt, die jeweils die verschiedenen Zeitabschnitte und emotionalen Zustände des Autors repräsentieren. Die Sprache, die Seidel verwendet, ist bildhaft und malerisch, er nutzt viele Metaphern und Beschreibungen der Natur, um die Emotionen und die Atmosphäre zu erzeugen. Er verwendet eine eher formelle, altertümliche Sprache, was bei der zeitlichen Einordnung im 19. Jahrhundert zu berücksichtigen ist.
Insgesamt handelt es sich um ein Gedicht, das tiefgreifende Emotionen, Wehmut und Trauer in einer natürlichen und harmonischen Bildsprache präsentiert. Mit dem Titel „In Memoriam“ wird klar, dass es sich um eine Art Totengedenken handelt, eine Ehrung und liebevolle Erinnerung an eine verstorbene Person aus der Perspektive des lyrischen Ichs.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „In memoriam“ des Autors Heinrich Seidel. Seidel wurde im Jahr 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. In der Zeit von 1858 bis 1906 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 383 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 59 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Heinrich Seidel sind „Hänschen auf der Jagd“, „Die Gaben“ und „Der Luftballon“. Zum Autor des Gedichtes „In memoriam“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 216 Gedichte vor.
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Zum Autor Heinrich Seidel sind auf abi-pur.de 216 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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