Der Vater kann alles von Heinrich Seidel

Liebes Lenchen, hör nur an,
Was mein Vater alles kann.
Alles, Alles kann er machen
Und er schnitzt die schönsten Sachen:
Auf dem Dach die Klappermühle,
Unsre kleinen Kinderstühle,
Vogelbauer, Meisenkisten,
Körbe, drin die Hühner nisten,
Einen Fresstrog für das Gänschen
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Und ein hölzern Schwert für Hänschen.
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Kleine Wagen kann er machen,
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Hüte von Papier, und Drachen,
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Körbchen aus Kastanien schneiden,
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Flöten auch aus Rohr und Weiden,
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Alles kann er und so gut,
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wie es wohl kein Andrer thut.
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Abends bei der Lampe Schimmer
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Spielt er auf der Zither immer
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Oder macht mit seiner Hand
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Schattenspiele an der Wand
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Ja es ist beinah zum Grau'n
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So natürlich anzuschaun:
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Einen Hahn mit Kamm und Sporen,
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Häschen auch mit langen Ohren,
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Einen Vogel der da fliegt
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Und ein dickes Schwein, das liegt,
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Eine Gemse mit der Gabel,
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Einen Schwan mit Hals und Schnabel
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Gar nichts giebt es, denk' nur an,
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Was er dir nicht machen kann !
 
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Lenchen, ja, ich glaube sehr:
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Nur der liebe Gott kann mehr!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Der Vater kann alles“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
165
Entstehungsjahr
1842 - 1906
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Vater kann alles“ wurde von Heinrich Seidel verfasst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller aus dem 19. Jahrhundert. Seidel lebte von 1842 bis 1906, was das Gedicht in die Epoche der Spätromantik und des beginnenden Realismus einordnet.

Beim ersten Lesen fällt die liebevolle und bewundernde Betrachtungsweise des lyrischen Ichs auf, welches mit großer Begeisterung über die Fähigkeiten und Talente des Vaters spricht.

Inhaltlich geht es in diesem Gedicht darum, dass das lyrische Ich, wahrscheinlich ein Kind, die vielen Talente und Fähigkeiten des Vaters auflistet und beschreibt. Der Vater wird als eine Person dargestellt, die 'alles' kann – er kann Holz schnitzen, Papierhüte und Drachen herstellen, mit der Zither spielen und Schattenspiele an die Wand zaubern. Mit den zahlreichen detaillierten Beispielen von handwerklichen Erzeugnissen wird die handwerkliche Begabung und Vielseitigkeit des Vaters gelobt, und das Kind bewundert ihn in beinahe Ehrfurcht.

Die letzte Strophe des Gedichts bringt den Inhalt auf den Punkt: Der Vater kann fast alles – nur Gott kann mehr. Das ist eine starke Aussage, die zeigt, wie das lyrische Ich seinen Vater sieht: Beinahe als Allmächtigen, jedenfalls als jemanden, der unglaublich viel kann und weiß.

Formal besteht das Gedicht aus zwei Strophen: Die erste mit 30 Versen und die zweite mit 2 Versen. Die Sprache ist einfach und klar, sehr bildlich und konkret, ganz auf das Verständnis eines Kindes zugeschnitten. Seidel verwendet Alltagsworte und ganz konkrete Beispiele, um die Fähigkeiten des Vaters zu beschreiben. Dadurch wird eine sehr heimelige, familiäre Atmosphäre erzeugt, die wiederum zeigt, wie vertraut und innig das Verhältnis zwischen dem lyrischen Ich und seinem Vater ist.

Zusammenfassend bringt Heinrich Seidels Gedicht auf liebevolle und bewundernde Weise die Fähigkeiten und Talente des Vaters zum Ausdruck, die aus der Sicht des Kindes betrachtet werden. Der Vater wird dabei fast gottgleich und allmächtig dargestellt, was die tiefe Verbundenheit und Bewunderung des Kindes für den Vater zeigt. Die verwendete Sprache und die konkreten Beispiele tragen dazu bei, dass der Leser ein sehr lebendiges und authentisches Bild vom Vater bekommt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Vater kann alles“ ist Heinrich Seidel. 1842 wurde Seidel in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. In der Zeit von 1858 bis 1906 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 165 Worte. Die Gedichte „Die Gaben“, „Der Luftballon“ und „April“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Seidel. Zum Autor des Gedichtes „Der Vater kann alles“ haben wir auf abi-pur.de weitere 216 Gedichte veröffentlicht.

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