Der Kannibale von Heinrich Seidel
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In einem grünen Thale, |
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Da sitzt ein Kannibale. |
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Er wetzet seine Messer, |
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Es ist der Menschenfresser. |
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Hat lange nicht gegessen, |
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Ihn hungert angemessen, |
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Da kommt ganz unbefangen |
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Ein junger Mensch gegangen. |
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Der Kannibale greift ihn, |
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In seine Höhle schleift ihn |
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Und fraget ihn die Worte: |
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"Was bist du für 'ne Sorte?" |
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Mit bleichen Mienen spricht der: |
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"Naturalimus-Dichter!" |
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Und fallen lässt das Messer |
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Der arme Menschenfresser. |
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Und seinen Magen schüttelt's, |
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Die Eingeweide rüttelt'sl |
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Er spricht: "Dich lass' ich schiessen! |
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Du bist nicht zu geniessen! |
Details zum Gedicht „Der Kannibale“
Heinrich Seidel
5
20
83
1842 - 1906
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Kannibale“ wurde vom deutschen Autor Heinrich Seidel verfasst, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, genauer von 1842 bis 1906, lebte. Angesichts dieses Zeitraums könnte das Gedicht als Teil der literarischen Strömungen des Realismus und des Naturalismus betrachtet werden.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht eher humorvoll mit einer dunklen Wendung. Es erzählt die Geschichte eines Kannibalen, der in einem grünen Tal lebt und seine Messer schärft, in Vorfreude auf seine nächste Mahlzeit. Ein junger Mensch begegnet ihm, und der Kannibale nimmt ihn gefangen und fragt ihn nach seiner „Sorte“.
Zur Überraschung des Kannibalen offenbart der junge Mensch, dass er ein Naturalismus-Dichter ist. An diesem Punkt nimmt das Gedicht eine ironische Wendung: Der Kannibale lässt sofort sein Messer fallen und erklärt, dass er den Mann nicht essen kann, weil er „nicht zu genießen“ ist.
Durch diese humorvolle Darstellung kritisiert das Gedicht den Naturalismus, eine literarische Bewegung, die oft kritisiert wurde, da sie als roh und unraffiniert angesehen wurde. Die Verwendung des Kannibalen als Symbol könnte darauf hinweisen, dass Seidel der Meinung war, diese Art von Literatur sei für den durchschnittlichen Mensch „unverdaulich“.
Das Gedicht hat eine klare Struktur und ist in fünf Vierzeilenstrophen unterteilt. Jede Strophe erzählt einen Teil der Geschichte, vom Auftreten des Kannibalen bis zur Flucht des Dichters. Die Sprache ist einfach und direkt, was die humoristische und ironische Natur des Gedichts unterstreicht. Seidel macht hier geschickt von der Methapher des „Naturalismus-Dichters“, der für den Kannibalen „unverdaulich“ ist, Gebrauch. In diesem Sinne fungiert das Gedicht als Kritik an einer bestimmten literarischen Richtung seiner Zeit. Auch könnte man es als allgemeine Kritik an ungenießbaren oder unzugänglichen Formen von Kunst und Literatur verstehen.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Kannibale“ ist Heinrich Seidel. Der Autor Heinrich Seidel wurde 1842 in Perlin (Mecklenburg-Schwerin) geboren. Im Zeitraum zwischen 1858 und 1906 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 83 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Seidel sind „Arbeit ist das Zauberwort“, „Die schönen Bäume“ und „Meine Puppe kriegst du nicht!“. Zum Autor des Gedichtes „Der Kannibale“ haben wir auf abi-pur.de weitere 216 Gedichte veröffentlicht.
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Weitere Gedichte des Autors Heinrich Seidel (Infos zum Autor)
- Arbeit ist das Zauberwort
- Die schönen Bäume
- Meine Puppe kriegst du nicht!
- Hänschen auf der Jagd
- Die Gaben
- Der Luftballon
- April
- Die Musik der armen Leute
- Der Zug des Todes
- Der Tod Moltkes
Zum Autor Heinrich Seidel sind auf abi-pur.de 216 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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