Lacrimae Christi von Rudolf Baumbach
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Es war in alten Zeiten |
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ein schwäbischer Fiedelmann, |
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der kräftig strich die Saiten |
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und lustige Mären spann. |
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Mit Friederich dem Andern |
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ins Welschland zog er ein, |
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und kostete im Wandern |
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von einem jeden Wein. |
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Und als auf seinem Zuge |
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er nach Neapel kam, |
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quoll ihm aus irdnem Kruge |
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ein Tropfen wundersam. |
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Er trank mit durst'gem Munde |
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und rief den Wirt herbei: |
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"Viellieber, gebt mir Kunde, |
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was für ein Wein das sei. |
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Er rinnt mir altem Knaben |
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wie Feuer durchs Gebein; |
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von allen Gottesgaben |
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muß das die beste sein." |
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Der dicke Kellermeister |
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gab ihm die Auskunft gern: |
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"Lacrimae Christi heißt er, |
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denn Tränen sind's des Herrn." |
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Da überkam ein Trauern |
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den fremden Fiedelmann; |
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er dachte an den Sauern, |
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der in der Heimat rann. |
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Und betend sank er nieder, |
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den Blick emporgewandt: |
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"Herr, weinst du einmal wieder, |
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so wein im Schwabenland!" |
Details zum Gedicht „Lacrimae Christi“
Rudolf Baumbach
8
32
139
1840 - 1905
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts „Lacrimae Christi“ ist Rudolf Baumbach, der von 1840 bis 1905 lebte. Das Gedicht stammt wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, da Baumbach vorwiegend in diesem Zeitrahmen tätig war.
Beim ersten Lesen des Gedichts fällt eine eher einfach gehaltene und gut verständliche Sprache auf. Die Geschichte wird in einer klaren Form erzählt und das Gedicht bildet einen eindeutig nachvollziehbaren Handlungsbogen ab.
Das Gedicht handelt von einem Fiedelmann, der aus Schwaben stammt und gemeinsam mit Friedrich dem Zweiten eine Reise ins 'Welschland', also ins italienische Gebiet unternimmt. In Neapel probiert er dort aus einem irdenen Krug einen Wein, dessen Geschmack ihn beeindruckt und ihn aufgrund seiner außergewöhnlichen Qualität nach dessen Herkunft fragen lässt. Der Wirt informiert ihn, dass es sich um 'Lacrimae Christi' (Tränen Christi) handelt. Diese Information löst beim Fiedelmann eine emotionale Reaktion aus, er beginnt zu trauern und erinnert sich an den weinsauren Geschmack in seiner Heimat. In einer Gebetshaltung bittet er Gott, wenn er wieder weinen müsse, dies im Schwabenland zu tun.
Lyrisch steht das Ich in dem Gedicht für den Fiedelmann. Es scheint, dass der Fiedelmann, der kräftig und mit Freude seine Fiedel spielt, auf der Suche nach neuen Erfahrungen und Eindrücken ist. Mit dem Probieren des Weins und der damit verbundenen Erkenntnis, dass der Wein „Lacrimae Christi“ ist, fühlt das lyrische Ich eine Verbindung zu seiner Heimat, die er vermisst. Dies äußert sich in der Bitte an Gott, seine Tränen in seiner Heimat zu vergießen. Es kann interpretiert werden, dass sich das lyrische Ich nach emotionaler Verbundenheit und Wiederkehr zur Heimat sehnt.
In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in achtmal vierzeilige Strophen unterteilt, was eine klare Struktur gibt. In der Sprache herrscht eine einfache, erzählende Form vor. Durch den Gebrauch von Direkter Rede entstehen eingebettete Dialoge, die den Leser noch direkter in das Gedicht einbeziehen und zum Weiterlesen ermuntern. Die Verwendung von Wörtern wie 'Mären spann', 'durst'gem Munde' und 'altem Knaben' charakterisieren das Gedicht als volkstümliches und volksliedhaftes Gedicht, was typisch für Baumbachs Schreibstil ist.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Lacrimae Christi“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rudolf Baumbach. Der Autor Rudolf Baumbach wurde 1840 in Kranichfeld (Thüringen) geboren. Im Zeitraum zwischen 1856 und 1905 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 139 Worte. Der Dichter Rudolf Baumbach ist auch der Autor für Gedichte wie „Die blaue Blume“, „Liebchen“ und „Tempora mutantur“. Zum Autor des Gedichtes „Lacrimae Christi“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 14 Gedichte vor.
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Weitere Gedichte des Autors Rudolf Baumbach (Infos zum Autor)
- Warnung
- Vogelweisheit
- Wirtstöchterlein
- Es klingt in mir ein Kinderreim
- Die Gäste der Buche
- Die blaue Blume
- Liebchen
- Tempora mutantur
- Die Wasserrose
- Heimliches Leid
Zum Autor Rudolf Baumbach sind auf abi-pur.de 14 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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