Die blaue Blume von Rudolf Baumbach

Es pflogen einst drei Knaben
Der Ruh im Waldesraum.
Die Wipfel rauschten droben,
Da hat sie sacht umwoben
Der Schlaf mit einem Traum.
 
Im Traume sahn sie blühen
Die Blume himmelblau,
Von der die alten Geschichten
Der Wunder viel berichten;
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Sie glänzte im Morgentau.
 
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Da fuhren aus dem Schlummer
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Die Knaben allzumal.
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Sie täten sich trennen und suchen
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Im Schatten der Tannen und Buchen,
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Auf Bergen und im Tal.
 
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Der erste von den dreien
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War wohl ein Sonntagskind.
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Er fand in hohler Weide
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Ein Kästlein mit Geschmeide;
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Das trug er heim geschwind;
 
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Und ließ ein Schloß sich bauen,
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Und alles Land umher
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Erscholl von seinem Ruhme.
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Der blauen Wunderblume
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Gedacht' er nimmermehr.
 
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Der zweite statt der Blüte
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ein nußbraun Mädel fand.
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Umrauscht von grünen Zweigen
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Ward sie im Wald sein Eigen
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Und gab ihm Herz und Hand.
 
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Er führte seine Traute
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Zum frohen Hochzeitsreih'n
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Und zeugte Mädel und Buben
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Und baute Kohl und Ruben,
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Ließ Blume Blume sein.
 
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Der dritte, ach der dritte
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Kann nimmermehr nach Haus.
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Er sucht die Blume noch heut,
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Und sehen ihn die Leute,
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So lachen sie ihn aus.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Die blaue Blume“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
183
Entstehungsjahr
1840 - 1905
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Rudolf Baumbach, ein deutscher Dichter, der im Zeitraum von 1840 bis 1905 lebte und damit in die Epoche des Realismus einzuordnen ist.

Das Gedicht „Die blaue Blume“ lässt beim ersten Lesen eine gewisse Märchenstimmung erahnen. In leichtem, fließendem Rhythmus wird die Erzählung von drei Knaben und ihrem Traum einer blauen magischen Blume dargeboten.

Im Inhalt geht es um drei Jungen, die im Wald schlafen und träumen, wie sie eine seltene blaue Blume sehen, von der alte Geschichten viele Wunder erzählen. Nach dem Aufwachen trennen sie sich und suchen getrennt in den Wäldern und Bergen. Der erste findet ein Kästchen mit Schmuck, vergisst die blaue Blume und baut sich ein Schloss. Der zweite findet eine Frau, bildet eine Familie und lebt ein einfaches Leben und vergisst ebenfalls die blaue Blume. Der dritte sucht weiterhin nach der Blaume und wird dafür von anderen ausgelacht. Das lyrische Ich möchte also erzählen, wie unterschiedlich die Träume und Ziele der Drei sind und wie das Streben nach der scheinbar unerreichbaren Blume zu verschiedenen Lebenswegen führt.

Das Gedicht ist in traditioneller Form geschrieben und besteht aus acht fünfversigen Strophen. Der Rhythmus ist fließend und die Reime folgen dem Muster AABBA, was das Gedicht gut lesbar und melodisch macht. Die Sprache ist einfach und verständlich, doch Baumbach nutzt poetische Mittel wie Metaphern (die blaue Blume) und Wiederholungen, um seine Botschaft zu verstärken.

Insgesamt ist „Die blaue Blume“ ein poetisches Märchen, das die Suche nach der unerreichbaren Schönheit und den unterschiedlichen Lebenszielen des Menschen symbolisiert. Durch die Verwendung der blauen Blume, ein Symbol der Romantik für Sehnsucht und unerreichbares Glück, kritisiert Baumbach möglicherweise die menschliche Natur, sich auf materielle Dinge zu konzentrieren und dabei die Schönheit und Wunder der Natur zu vergessen. Der letzte Knabe, der belacht wird, während er weiterhin nach der blauen Blume sucht, könnte für jene stehen, die trotz gesellschaftlicher Normen und Erwartungen ihren Träumen nachgehen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die blaue Blume“ des Autors Rudolf Baumbach. 1840 wurde Baumbach in Kranichfeld (Thüringen) geboren. In der Zeit von 1856 bis 1905 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 183 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Tempora mutantur“, „Die Wasserrose“ und „Heimliches Leid“ sind weitere Werke des Autors Rudolf Baumbach. Zum Autor des Gedichtes „Die blaue Blume“ haben wir auf abi-pur.de weitere 14 Gedichte veröffentlicht.

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