Unter der Linden von Walther von der Vogelweide

Unter der Linden,
An der Heide,
Wo ich mit meinem Trauten sass,
Da mögt ihr finden,
Wie wir beide
Die Blumen brachen und das Gras.
Vor dem Wald mit süssem Schall,
Tandaradei!
Sang im Thal die Nachtigall.
 
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Ich kam gegangen
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Zu der Stelle;
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Mein Liebster war schon vor mir dort.
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Mich hat empfangen
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Mein Geselle,
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Dass ich bin selig immerfort.
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Ob er mir auch Küsse bot?
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Tandaradei!
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Seht, wie ist mein Mund so rot!
 
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Da ging er machen
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Uns ein Bette
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Aus süssen Blümlein mancherlei;
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Des wird man lachen
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Noch, ich wette,
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So jemand wandelt dort vorbei;
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Bei den Rosen er wohl mag,
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Tandaradei!
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Merken, wo das Haupt mir lag.
 
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Wie ich da ruhte,
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Wüsst es Einer,
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Behüte Gott, ich schämte mich.
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Wie mich der Gute
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Herzte, keiner
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Erfahre das als er und ich,
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Und ein kleines Vögelein,
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Tandaradei!
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Das wird wohl verschwiegen sein!
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Walther von der Vogelweide
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(Ca. 1170–ca. 1230.)
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Unter der Linden“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
38
Anzahl Wörter
150
Entstehungsjahr
nach 1186
Epoche
Hochmittelalter

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Unter der Linden“ stammt von dem deutschen Minnesänger Walther von der Vogelweide, der in der Zeit von 1170 bis 1230 lebte. Daher kann das Gedicht in die Epoche des Hochmittelalters eingeordnet werden. Die Sprache und Form, in der es verfasst ist, weisen ebenfalls auf diese Zeit hin.

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht einen Eindruck von romantischen Gefühlen, intimen Momenten und Naturverbundenheit.

Das lyrische Ich berichtet von einem romantischen Treffen mit einer geliebten Person unter einem Lindenbaum an der Heide. Es schildert einen Moment der Liebe und Intimität, in dem beide Blumen pflücken und dem Gesang der Nachtigalle lauschen. In der zweiten Strophe beschreibt das lyrische Ich die Ankunft an diesem Treffpunkt. Es ist glücklich, schon von seinem Geliebten erwartet zu werden, und genießt die Zweisamkeit und die Küsse, die ihr der Geliebte gibt. Dieser Moment der Liebe wird durch das wiederholt auftauchende „Tandaradei“ versinnbildlicht, ein altertümlicher Ausdruck von Freude und Vergnügen. In der dritten Strophe wird das Bild eines Bettes aus Blumen erwähnt, das der Geliebte für beide gemacht hat. Dies ist eine weitere Anspielung auf die Intimität zwischen den beiden. Im letzten Vers ist das lyrische Ich voller Scheu und möchte diese intimen Momente nur mit dem Geliebten teilen.

Das Gedicht ist in vier Strophen unterteilt, wobei jede Strophe zwischen neun und elf Verse enthält. Die Sprache ist schlicht, aber sehr ausdrucksstark und reich an Bildern. Es wird eine romantische und intime Stimmung erzeugt, die dem Leser einen Einblick in das Seelenleben des lyrischen Ichs bietet. Die regelmäßigen Wiederholungen des „Tandaradei“ tragen zur musikalischen Struktur des Gedichts bei und verstärken den emotionalen Inhalt.

Insgesamt ist das Gedicht „Unter der Linden“ ein Beispiel für die Liebeslyrik des Hochmittelalters, das durch seine bildhafte Sprache und seine zarte Darstellung romantischer Gefühle besticht. Es spiegelt die Naturverbundenheit und Frömmigkeit der damaligen Zeit wider und bietet gleichzeitig einen intimen Einblick in die Liebe des lyrischen Ichs.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Unter der Linden“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Walther von der Vogelweide. Vogelweide wurde im Jahr 1170 in Österreich geboren. In der Zeit von 1186 bis 1230 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Hochmittelalter zuordnen. Vogelweide ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 38 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 150 Worte. Die Gedichte „Uns hat der winter geschadet über al“, „Durchsüezet und geblümet sint die reinen frouwen“ und „So die bluomen uz dem grase dringent“ sind weitere Werke des Autors Walther von der Vogelweide. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Unter der Linden“ weitere 13 Gedichte vor.

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