Leise Stimmen von Otto Ernst
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Den Kopf auf deinem Schoß – o Blumenlager! |
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O Pfühl, aus dem geheime Träume blühn! |
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Dein Auge glänzt, ein sehnsuchtdunkler Frager, |
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Wie reife Trauben aus dem Schatten glühn. |
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Nun sinkt die Wimper – wie der weiche Flügel |
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Des Abendfalters, der durch Dämm’rung zieht. |
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Der wilde Tag flog über Tal und Hügel, |
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Und deine Lippe summt ein träumend Lied … |
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Drückt nicht ein bleiches Antlitz sich ans Fenster? |
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Erinn’rung ist’s, der stille Abendgast. |
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Er schlüpft herein nach Weise der Gespenster |
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Und schmiegt ins Polster sich zu langer Rast. |
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Was mahnt er mich an düst’re Jugendtage, |
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Da mich die Hoffnung an den Spott verriet? |
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Ins große Meer vesunken ist die Klage – |
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Im Ofen raunt der Wind ein fernes Lied … |
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Und Tage kamen, Jahre, da mein Ringen |
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In stummer, bitt’rer Qual vergebens war. |
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Nicht glücken wollt’ es mir, sie zu bezwingen, |
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Die dichtverschlung’ne Obskurantenschar. |
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Die Staatsperücken ließen mich nicht gelten, |
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Weil ich den Puder und die Schminke mied; |
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Vom hohen Thron herab erklang ihr Schelten – |
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Die Grille geigt ein leises Schelmenlied … |
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Ich kam hindurch! Von Morgenkraft durchschauert, |
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Trag’ ich ein fröhlich blinkend Waffenkleid; |
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Doch überall in Busch und Hecken lauert |
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Mit giftigem Geschoß der Schuft, der Neid. |
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Die Schurken, daß sie Gott zur Qual verdamme …! |
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Wie straff empor der Strom der Lampe zieht! |
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Nach oben, nur nach oben strebt die Flamme |
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Und trägt empor ein leises, feines Lied … |
Details zum Gedicht „Leise Stimmen“
Otto Ernst
4
32
228
1907
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Leise Stimmen“ stammt von dem deutschen Autor Otto Ernst, der in der Epoche des Realismus lebte und schrieb. Sein Werk lässt sich grob in das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert einordnen.
Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen melancholischen und introspektiven Eindruck. Es scheint, als handele das lyrische Ich von einer vergangenen Liebe und von Herausforderungen und Schwierigkeiten, die es im Laufe seines Lebens bewältigen musste. Die Figur erinnert sich an dunklere Zeiten und blickt trotz aller Widrigkeiten optimistisch in die Zukunft.
Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils acht Versen. Die Verse sind nicht gereimt und es gibt kein einheitliches Metrum, was auf freie Verse hindeutet. Die Sprache ist bildreich und voller Metaphern.
In der ersten Strophe erinnert das lyrische Ich an intensive, vielleicht romantische Zeiten, ausgedrückt durch Bilder wie „Dein Auge glänzt, ein sehnsuchtdunkler Frager,“ und „Und deine Lippe summt ein träumend Lied …“. In der zweiten Strophe wird das Erscheinen einer Erinnerung beschrieben, welche als „stillen Abendgast“ personifiziert wird und an „düst’re Jugendtage“ erinnert. In der dritten und vierten Strophe geht es um die Kämpfe, die das lyrische Ich durchmachen musste, symbolisiert durch die „Obskurantenschar“ und „Neid“. Trotz der Schwierigkeiten endet das Gedicht mit einem hoffnungsvollen Ton, verkörpert durch die Flamme, die „nach oben, nur nach oben strebt“.
Die Wortwahl und die bildhafte, reichhaltige Sprache tragen zur Stimmung des Gedichts bei und ermöglichen es dem Leser, sich in die Gefühle und Erfahrungen des lyrischen Ichs hineinzuversetzen. Insgesamt ist das Gedicht ein eindringliches Werk, das die Themen Liebe, Erinnerung, Kampf und Hoffnung behandelt.
Weitere Informationen
Otto Ernst ist der Autor des Gedichtes „Leise Stimmen“. 1862 wurde Ernst in Ottensen bei Hamburg geboren. Im Jahr 1907 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das vorliegende Gedicht umfasst 228 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Otto Ernst sind „Ausflug“, „Blühendes Glück“ und „Chidhr“. Zum Autor des Gedichtes „Leise Stimmen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 64 Gedichte veröffentlicht.
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