Pfingstgewitter von Peter Hille

Löwe, Adler ihre stürzenden Grausamkeiten sind mehr als
Lammverspeisen und Verzehren von Ziegen. Sie haben Sein.
Sein der Höhe.
Ihr fragenden Grausamkeiten halte ich in mir, ein geduldiger Löwe.
Ich stöhne den Rager, den Weltvergießer
Ich brülle den Reißenden.
Bin Gewitter wie das, das da oben kommt
 
(Fernes Donnern. Leiser Blitz)
 
Ich behalte meine Blitze:
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Zerrissener Himmel
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Gewaltiges Wort.
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Und ist da oben wer Schriftgelehrter:
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Mag sein Gewand zerreißen.
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Bardenwart der!
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Ja, ja du Bardenwart der Lüfte, und wenn du noch so brummst.
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Ragender,
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Weltvergießer,
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Frierst du nicht, so oben?
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Wirst du nicht wahnsinnig,
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Da so gar nichts dein ist.
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Wer alles hat, hat wieder nichts.
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Sollen wir?
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Dir Gesellschaft leisten?
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Mit dir spielen?
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Bist du nicht Kind?
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So mußt du es werden.
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Und besonders wir Dichter.
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Wir?
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Was weiß ich von anderen,
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Bin ich nicht auch wie du?
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So eigen allein!
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Ob auch nicht ganz
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So mächtig.
 
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Ich will dich unterhalten:
 
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Weiße Flammen taumeln,
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Tanzen der jauchzenden Feuerreigen
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Glühender Welt.
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Leuchtende Gewitter blühen,
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Klaräugige Stürme, Wolkenjäger
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Wischen den sprühenden Schweiß
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Von hämmernder Stirn.
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Und wilder Segen ist,
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Himmeltaumelnde Trunkenheit,
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Zausen starker Neckerei.
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Dankbar blüht da Lächeln aus tauig taumelndem Grunde.
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Safttollende Kelche strotzend frischer Feuer bluten.
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Weiß geschürzte Reigen,
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Drängend leuchtende Gewitter
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Drücken ihrer schwellenden Früchte
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Berauschend erquickenden Saft
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Auf diese weiß geschürzten selig auf-
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schmachtenden Reigen,
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Warme Wolken gleiten glückleuchtend spazieren.
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Umtaumelnd Mutwill, fromm die Erde, fürchtende Freude.
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Wie sie ausbricht, die jubelstrotzende
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Leidenschaft zusammenziehender Höhen.
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Nachtigallenstürme aus wonnewankenden Wäldern.
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Weichstark dringen klingender Seele -
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Jubelnd stirbt sich's am Lied.
 
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Adler schreien und schlagen nieder
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mit jauchzendem Gefieder
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Das dunkelgolden streitende Gewühl des Gewölks.
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Silberscharf
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Zackt das Wort der Höhenleidenschaft
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Hin zu Tal,
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Und der Erde reife Zeilen
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Sind gesättigt, und ist ein Spiel.
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Frommer Mutwill
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Auf zu lachend starkem Vater.
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Und Schläge
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Tollender Zärtlichkeit
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Schallen...
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Rasendes Rauschen
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Seliger Kräfte.
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Wonne entwurzelt das Herz der Welt.
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In traufender, strahlenschüttender Wollust vergeht die Sonne.
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Zitternd am Tage entschlafend.
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Blutende Wunden suchen sich
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Zu süßmundenden Küssen,
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Wohlige, rosige, ziehende Wunden. -
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Weltenblüte
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Verrucht vor Güte,
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Flammende Wildnis
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Ungezügelter Kräfte.
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Blitzrankende Augen,
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Leuchtende Dornen,
87 
Scharfe Wildheit, bang, zerstörend,
88 
Grausam scheu.
89 
In Baum und Tier und mir
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Lauschende Adern,
91 
Wasserantlitz, wollust-klar,
92 
Zitternder Zweige schauerndes Haar
93 
Und aus Tollnis springende,
94 
Wilde
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Gebilde.
96 
Spiel der Himmel,
97 
Blumen und Blitz.
98 
Leichtes Licht
99 
Wie kriegende Kinder -
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Springt und flimmert
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Von Wolke zu Wolke.
102 
Treu aufsteigende Flammenbäume
103 
Unzerstreuet,
104 
Ein Gebet -
105 
Steht der Wald
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Aufgerichtet.
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Und des Himmels Liebe:
108 
Morgenröte des Hasses
109 
Auf geschliffener Schneide:
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Sich anlachender Schwertblitz,
111 
Fern aufgerichtet steht
112 
Waffen auf den Wald gestützt
113 
Mir des Blitzes Sohn
114 
In Antlitz.
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Und ist alles
116 
Unzufrieden Blut,
117 
Gattung der Welten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (32.9 KB)

Details zum Gedicht „Pfingstgewitter“

Autor
Peter Hille
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
117
Anzahl Wörter
434
Entstehungsjahr
1854 - 1904
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Peter Hille ist der Autor des Gedichtes „Pfingstgewitter“. Der Autor Peter Hille wurde 1854 in Erwitzen bei Nieheim, Westfalen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1870 und 1904. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zu. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 434 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 117 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Peter Hille sind „Brautseele“, „Maienwind“ und „Hagel“. Zum Autor des Gedichtes „Pfingstgewitter“ haben wir auf abi-pur.de weitere 33 Gedichte veröffentlicht.

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