Die Rose von Louise Otto-Peters

Und wieder sind aus grüner Blätterfülle
Viel Blumen zauberhaft hervorgeeilt,
Sie drängen sich heraus in Pracht und Fülle
Als hätten sie zu lang versteckt geweilt,
Und schauen auf, so wie vom Meeresgrund,
Dem grünen, holde Feen sich erheben
Und lockend grüßen, grüßt der Blumenmund
Und läßt statt Seufzer süße Düfte schweben.
 
Doch wie sie auch um Schönheitspreise ringen,
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Die Rose nur scheint mir des Liedes wert
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Wie wir es jetzt in Kriegerweisen singen:
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Sie trägt den Dorn als drohend rotes Schwert,
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Ein Tropfen Tau in ihrem Angesicht
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Das feurig strahlt im hohen Purpurglanze
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Blickt sie wie träumend nach dem Himmelslicht,
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Wohl ohne Schild, doch nimmer ohne Lanze.
 
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Nicht mit der Liebe mag ich sie vergleichen,
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Wie ihr vordem im Minnelied gethan.
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Sie sei für mich der Dichtung heilig Zeichen
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Wie ich ihr folgt auf meiner Lebensbahn.
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Die Rose heißt der Blumen Königin,
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Ihr will man stets den ersten Preis gewähren,
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Im kindschen Spiel liegt oft ein hoher Sinn,
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Der Dichter sagt’s, ich will’s Euch jetzt erklären.
 
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Ich hab verlernt ein Minnelied zu singen,
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Den alten Reim von Herz und Schmerz verlernt.
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Ich kann der Muse nie ein Opfer bringen,
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Das von dem Hochaltare mich entfernt
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Auf dem der Freiheit heilig Feuer flammt,
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In dessen Dienst ich mutig mich begeben,
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Es ist ein kriegerisches Priesteramt
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Und Kampfeslieder nur kann ich erheben.
 
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Und diese Lieder wolltet Ihr verwehren,
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Verrat sie nennen an der Poesie?
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Ihr nennts die Kunst die himmlische entehren
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Wenn unser Ringen Waffen ihr verlieh?
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Ein Lied das kämpfen will im Dienst der Zeit,
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Der holden Rose ist es zu vergleichen:
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Begeistert blüht es auf in Herrlichkeit
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Und trägt gleich ihr den Dorn als Kampfeszeichen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Rose“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
277
Entstehungsjahr
1840-1850
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Rose“ stammt von Louise Otto-Peters, einer deutschen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, die von 1819 bis 1895 lebte. Sie zählt zur Epoche des Biedermeier und Realismus.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass das lyrische Ich eine enge Verbindung zu der Natur, insbesondere zu der Rose und deren Eigenschaften aufbaut. Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit jeweils acht Versen.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich in der ersten Strophe die Schönheit der Blumen und insbesondere den süßen Duft, den sie ausstrahlen. In der zweiten Strophe wird betont, dass die Rose die schönste aller Blumen ist, und dass sie trotz ihrer Schönheit auch bedrohlich wirken kann durch die Dornen, die sie trägt. Die dritte und vierte Strophe thematisieren den Vergleich der Rose mit der Poesie und der Liebe und unterstreichen die herausragende Rolle, die die Rose in diesen Bereichen spielt. In der letzten Strophe definiert das lyrische Ich seine Dichtung als eine Art von Kampf und zieht dabei wieder die Parallele zur Rose mit ihren Dornen als Symbol für den Kampf.

Die Form des Gedichts zeugt von einer klassischen Lyrik. Es hat ein metrisches Schema und Reime, was zur Zeit von Otto-Peters typisch war. Die Sprache ist blumig und bildhaft, was gut zu dem romantischen Inhalt des Gedichts passt.

Was das lyrische Ich aussagen möchte, kann als eine Art Manifest für die Poesie und als Plädoyer für die Rolle des Dichters als Kämpfer interpretiert werden. Es wird ein Bild von der Dichtung gezeichnet, das sich von traditionellen Vorstellungen entfernt und eher dem Kampf und der Hingabe ähnelt.

Obwohl die Dichterin eine starke symbolische Botschaft übermittelt, bleibt der Text zugleich aktiv und lebendig, was den Leser fesselt und ihn zum Nachdenken anregt. Daher kann man zusammenfassend sagen, dass die starke Verbindung, die das Gedicht zwischen der Natur und der Dichtung herstellt, eines der bemerkenswertesten Aspekte dieses lyrischen Werks.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Die Rose“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Otto-Peters. 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1850 entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten der Autorin lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 277 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Die Dichterin Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für Gedichte wie „An Byron“, „An Georg Herwegh“ und „An Ludwig Börne“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Die Rose“ weitere 106 Gedichte vor.

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