An Alfred Meißner von Louise Otto-Peters

Auch Du, auch Du rufst uns zur Stelle,
Du rufst uns auf den Schlachtenplan,
Hinaus, hinaus aus enger Zelle,
Wir Frauen solln des Hauses Schwelle
Ernst überschreitend Euch uns nahn.
 
Und jubelnd streck’ ich Dir entgegen
Die Schwesterhand – o habe Dank!
Du hast nicht Hohn, nein, Du hast Segen,
Wenn wir auch uns’re Leier regen
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Zum Freiheitskampfe ohne Wank.
 
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Es braust das Lied in höhren Chören
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Wo man der eignen Kraft vertraut!
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Wie drängt michs, meinem Volk’ zu schwören!
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Und Gott der Herr wird mich erhören,
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Der in die Menschenherzen schaut.
 
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Ein Lenzsturm braust durch alle Lande –
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Der Odem ist’s der neuen Zeit;
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Die Ströme brechen ihre Bande,
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Es schmilzt das Eis im Sonnenbrande
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Frei singt die Lerche und gefeit.
 
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Und nun – bei all dem frischen Leben
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Wie tief wär da verdammt das Weib,
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Dürft’ es nicht mit den Männern streben
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Und nichts dem eignen Volke geben
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Als sein Gekos, als seinen Leib!
 
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„Habt Ihr Gesang, so schlagt die Leier!“
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Ruft uns Dein warmes Dichterherz –
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So tönt des Vaterlandes Feier
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In meinen Sängen frei und freier
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Und flammt begeistert himmelwärts!
 
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Und fröhlich hörte ich Dein Mahnen
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Und drücke Deine Bruderhand.
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Der neuen Zeiten neuem Ahnen,
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Der Freiheit einen Weg zu bahnen
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Dazu ward uns das Lied gesandt.
 
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Und ob die Spötter mich verhöhnen
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Nur ein Ziel kennt mein Herz, mein Lied!
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Nicht Myrt’ noch Lorbeer wird mich krönen,
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Doch Freiheit wird die Leier tönen,
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So lang mein Herz noch schlägt und glüt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.8 KB)

Details zum Gedicht „An Alfred Meißner“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
244
Entstehungsjahr
1840-1850
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Alfred Meißner“ wurde von Louise Otto-Peters geschrieben, einer deutschen Frauenrechtlerin und Schriftstellerin aus dem 19. Jahrhundert. Anhand dieser zeitlichen Einordnung kann man davon ausgehen, dass Frauen zu dieser Epoche noch nicht die gleichen Rechte wie Männer haben.

Beim ersten Lesen vermittelt das Gedicht einen starken Aufruf zur Aktion und die Entschlossenheit, sich gegen eine bestehende Ungerechtigkeit zu wehren. Otto-Peters richtet sich direkt an Alfred Meißner, einen Kollegen, den sie lobt und dankt, weil er Frauen dazu aufruft, sich zu beteiligen und zu kämpfen.

Der Inhalt dreht sich um die Aufforderung an Frauen, über die Grenzen der eigenen häuslichen Rolle hinauszugehen und sich aktiv am Kampf für Freiheit und Gleichberechtigung zu beteiligen. Das lyrische Ich bezieht sich auf das Handeln, Singen und Schreiben als Mittel, um die Sichtweise auf Frauen zu verändern und Veränderungen herbeizuführen. In dem Gedicht scheinen Frauen aufgefordert zu sein, mutig zu sein, sich auszudrücken und an der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung teilzunehmen.

In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in acht Fünfzeilenstrophen unterteilt. Die Verse haben ein beständiges Metrum, was einen melodischen Fluss beim Lesen erzeugt und der ernsten und mächtigen Botschaft des Gedichts Gewicht verleiht. In der Sprache werden starke und evokative Bilder verwendet, um die Freiheitsideale und die aufkommende Veränderung darzustellen. Naturelemente wie ein Lenzsturm, Ströme und die Singdrossel werden verwendet, um ein Gefühl der Bewegung und Befreiung zu vermitteln.

Das Gedicht reflektiert Otto-Peters’ feministisches Engagement und ihren Glauben an die Macht des Wortes und der Poesie, um soziale und politische Veränderungen herbeizuführen. Es stellt einen kräftigen Aufruf zur Aktion dar und fordert Frauen auf, sich für ihre Rechte einzusetzen und ihren Beitrag in der Gesellschaft zu leisten.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An Alfred Meißner“ der Autorin Louise Otto-Peters. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1850. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 244 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für das Gedicht „An Georg Herwegh“, „An Ludwig Börne“ und „An Richard Wagner“. Zur Autorin des Gedichtes „An Alfred Meißner“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 106 Gedichte vor.

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