Die Maske von Charles Baudelaire

Sieh diesen schatz mit florentiner reizen:
Die wiegung und des körpers muskelkraft
Wo nicht die beiden himmelsschwestern geizen:
Feinheit und stärke! welche meisterschaft!
So göttlich fest so zierlich zum berücken –
Das weib gemacht für sammt und edelstein
Um päbste oder prinzen zu beglücken.
 
Sieh dieses lächeln wollustvoll und fein
Wo sich verzückt die selbstverehrung weidet!
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Der lange blick begehrlich hart und klug ·
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Das zärtliche gesicht mit gaz umkleidet
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Sagt uns mit siegerstolz in jedem zug:
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»Mich ruft die Wollust und mich krönt die Liebe«
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Sieh wie dem weib zur fürstin ausersehn
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Auch noch verführerischer liebreiz bliebe –
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Komm lass uns um die grosse schönheit drehn!
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O lästerung der kunst! verwünschte blende!
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Ist nicht der götterleib der glück verheisst
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Ein doppelköpfig ungetüm am ende?
 
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Nein – es ist maske nur und zier die gleisst:
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Erlesnes mienenspiel in seltnem lichte.
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Sieh her! hier ist in wildem krampf gereckt
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Der echte kopf mit wahrem angesichte
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Vom lügenhaften angesicht verdeckt!
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Du arme grosse schönheit! deiner zähren
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Erhabner strom ins schwere herz mir dringt ·
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Dein lug berauscht mich und ich will mich nähren
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Am leidensquell der deinem aug entspringt.
 
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Doch warum weint sie? so vollkommne schöne
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Dass jeder mensch zu ihren füssen bebt –
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Was macht dass ihre riesenbrust erstöhne?
 
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Sie weint · sinnloser! denn sie hat gelebt
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Und sie lebt noch! doch ihre grössten sorgen
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Empfängt sie und die kniee zittern ihr
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Weil morgen sie noch leben muss! ach morgen
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Und übermorgen · immer! – so wie wir.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Die Maske“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
238
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Maske“ wurde von Charles Baudelaire geschrieben. Baudelaire lebte von 1821 bis 1867, daher kann das Gedicht wahrscheinlich in diesem Zeitraum verortet werden.

Die erste Strophe des Gedichts vermittelt den Eindruck von Bewunderung für die Schönheit einer Frau. Sie wird als ein kostbares Juwel mit florentinischen Reizen beschrieben, mit muskulöser Kraft und Anmut, die jeden verzaubert. Das lyrische Ich beschreibt die Frau als perfekt gemacht für Samt und Edelsteine, um Päpste oder Prinzen zu erfreuen.

In den folgenden Strophen geht das Gedicht auf die faszinierenden und verführerischen Attribute der Frau ein - ihr wollüstiges und feines Lächeln, ihre begehrlichen Blicke und ihr zärtliches Gesicht. Doch dann wechselt der Ton des Gedichts, und es wird darauf hingewiesen, dass diese Schönheit und Anziehungskraft nur eine Maske ist. Das wahre Gesicht, das darunter verborgen ist, ist vom Lügen geprägt. Das lyrische Ich fühlt sich von der wahren Schönheit des leidenden und verdeckten Gesichts angezogen.

In der vierten Strophe fragt das lyrische Ich, warum die Frau weint, obwohl sie so eine vollkommene Schönheit ist. Die letzte Strophe besagt, dass sie weint, weil sie gelebt hat und immer noch lebt, aber ihre größten Sorgen bekommt. Sie muss jeden Tag weiterleben, obwohl sie innerlich leidet. Das Gedicht endet mit der Feststellung, dass wir alle, genauso wie sie, mit den Sorgen des Morgen und Übermorgen leben müssen.

Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit unterschiedlicher Anzahl von Versen. Die Sprache des Gedichts ist prägnant und bildhaft. Baudelaire verwendet eine gewisse rhythmische Struktur und wiederkehrende Reime, um dem Gedicht eine musikalische Qualität zu verleihen. Die Sprache ist reich an Symbolen und Kontrasten, um die Doppeldeutigkeit der Schönheit und das Leiden dahinter auszudrücken.

Weitere Informationen

Charles Baudelaire ist der Autor des Gedichtes „Die Maske“. Baudelaire wurde im Jahr 1821 in Paris geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1837 bis 1867 entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 238 Worte. Weitere Werke des Dichters Charles Baudelaire sind „An Theodor von Banville“, „Anheimfall“ und „Anziehender Schauder“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Maske“ weitere 101 Gedichte vor.

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