Anheimfall von Charles Baudelaire

Engel voll von frohsinn · kennst du das zittern
Schmach und seufzer und gram und gewissensbiss:
Schweifende schrecken der grässlichen finsternis
Die die seele zusammenpressen zerknittern?
Engel voll von frohsinn · kennst du das zittern?
 
Engel voll von güte · kennst du das hassen:
Fäuste geballt in dem schatten und thränen von gift
Wann uns der rache höllischer aufruf trifft
Und unsre sinne von ihr sich befehligen lassen?
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Engel voll von güte · kennst du das hassen?
 
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Engel voll lebenskraft · kennst du die fieberschauer
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Die wie verjagte mit schleppendem schritte gehn ·
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Spärliche sonne suchend die lippen verdrehn
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An des fahlen siechhauses grosser mauer?
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Engel voll lebenskraft · kennst du die fieberschauer?
 
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Engel voll von Schönheit · kennst du die falten?
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Furcht vor dem alter und jenem grausen geschick:
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Heimliche scheu vor der treue zu lesen im blick
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Draus wir seit jahren ersehnte genüsse erhalten?
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Engel voll von schönheit · kennst du die falten?
 
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Engel voll glück und voll lust und voll sonnenschein ·
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Zauber–reize von deinem leib sich ergiessen
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Wie sie dem alternden David gesundheit verhiessen.
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Mir aber Engel! wolle nur fürbitter sein ·
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Engel voll glück und voll lust und voll sonnenschein!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Anheimfall“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
185
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Anheimfall“ wurde von Charles Baudelaire verfasst, der von 1821 bis 1867 lebte. Er gehört somit zur Epoche der Romantik und des Realismus. Baudelaire ist jedoch vor allem für seine düstere und schockierende Darstellung der Realität bekannt, weshalb er oft auch mit dem Symbolismus und Dekadentismus in Verbindung gebracht wird.

Das Gedicht hinterlässt beim ersten Lesen einen starken Eindruck. Es ist ein direkter Dialog des lyrischen Ichs mit einem Engel, der den Leser durch seine wiederholten und drängenden Fragen fesselt.

Der Inhalt des Gedichts ist ein Ausdruck tiefer Verzweiflung und Einsamkeit. Das lyrische Ich stellt dem Engel wiederholt Fragen, die menschliches Leid, Einsamkeit, Krankheit und Alter thematisieren und all dies in scharfem Kontrast zur himmlischen Vollkommenheit des Engels stellen. Es scheint, als wolle das lyrische Ich dem Engel die menschliche Existenz und ihre Qualen verdeutlichen, während es gleichzeitig um Verständnis und Mitleid bittet.

Die Sprache des Gedichts ist stark und intensiv, fast schon verzweifelt in seiner drängenden Frageform. Trotz der düsteren Thematik sind die Verse in ihrer Form fast schon klassisch schön und melodisch, was den Kontrast zwischen Inhalt und Form noch verstärkt. Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit jeweils fünf Versen, die durch ihre einheitliche Struktur und Wiederholung der Anfangsverse eine Art Refrain erzeugen und so das drängende Flehen des lyrischen Ichs unterstreichen.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Anheimfall“ ein kraftvolles und bewegendes Gedicht ist, das eine tiefgründige Debatte zwischen der irdischen und der himmlischen Existenz darstellt. Es drückt eine große Bandbreite menschlicher Emotionen aus - von Verzweiflung und Hass bis hin zur Sehnsucht nach Liebe und Verständnis.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Anheimfall“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Charles Baudelaire. Im Jahr 1821 wurde Baudelaire in Paris geboren. Im Zeitraum zwischen 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 185 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 25 Versen. Charles Baudelaire ist auch der Autor für Gedichte wie „Begräbnis“, „Bertas Augen“ und „Besessenheit“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Anheimfall“ weitere 101 Gedichte vor.

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