Die Gefangenen II von Georg Heym
1 |
Sie trampeln um den Hof im engen Kreis. |
2 |
Ihr Blick schweift hin und her im kahlen Raum. |
3 |
Er sucht nach einem Feld, nach einem Baum, |
4 |
Und prallt zurück von kahler Mauern Weiß. |
|
|
5 |
Wie in den Mühlen dreht der Rädergang, |
6 |
So dreht sich ihrer Schritte schwarze Spur. |
7 |
Und wie ein Schädel mit der Mönchstonsur, |
8 |
So liegt des Hofes Mitte kahl und blank. |
|
|
9 |
Es regnet dünn auf ihren kurzen Rock. |
10 |
Sie schaun betrübt die graue Wand empor, |
11 |
Wo kleine Fenster sind, mit Kasten vor, |
12 |
Wie schwarze Waben in dem Bienenstock. |
|
|
13 |
Man treibt sie ein, wie Schafe zu der Schur. |
14 |
Die grauen Rücken drängen in den Stall. |
15 |
Und klappernd schallt heraus der Widerhall |
16 |
Der Holzpantoffeln auf dem Treppenflur. |
Details zum Gedicht „Die Gefangenen II“
Georg Heym
4
16
115
1911
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die Gefangenen II“ ist von Georg Heym, einem Dichter der literarischen Moderne, der durch seinen vorgezogenen Tod in jungen Jahren zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert bekannt wurde und dem Expressionismus zugeordnet wird.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht düster und beklemmend, da es einen einsamen und tristen Gefängnishof beschreibt. Die klaustrophobische Atmosphäre wird durch die Wiederholung und Betonung der beengenden physikalischen Umgebung verstärkt.
Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um Gefangene, die in einem kalten und bewegungslosen Raum eingesperrt sind und einer monotonen Routine folgen. Der poetische Ich schildert die nüchterne Realität des Gefängnislebens; die Insassen sind in einem „engen Kreis“ eingeschlossen, umgeben von den „kahlen Mauern“ und blicken auf eine unbewegliche und leere Welt.
Georg Heym nutzt treffende Metaphern und Vergleiche, um die Atmosphäre zu untermalen. Beispielsweise werden die Gefangenen mit Schafen verglichen, die zur Schur getrieben werden. Dies, bekannt als Herdentrieb, demonstriert wie die Gefangenen, als Teil einer Gruppe von Individuen, zu Aktionen getrieben werden.
Formal besteht das Gedicht aus vier Quartetten, was sehr konventionell ist. Die Sprache des Gedichtes ist einfach und unprätentiös, aber effektiv, um die drückende Stimmung zu erzeugen. Die wiederholte Verwendung der Farben Schwarz, Weiß und Grau trägt zur ästhetischen Einheitlichkeit des Gedichtes bei, die durch die Monotonie und den mechanischen Charakter des Lebens in der Gefängnisumgebung charakterisiert ist.
Zusammenfassend ist Georg Heyms Gedicht ein kraftvoller Kommentar zur Insassenerfahrung, welcher von Isolation und Klaustrophobie geprägt ist. Der ziehende Vergleich zu Schafen verdeutlicht den Mangel an Individualität und Autonomie, den das Gefängnissystem den Insassen aufzwingt. Durch seine nüchterne Darstellung und die effektive Verwendung der Bildsprache bietet das Gedicht ein eindringliches Porträt der Realität und Monotonie des Gefängnislebens.
Weitere Informationen
Georg Heym ist der Autor des Gedichtes „Die Gefangenen II“. Heym wurde im Jahr 1887 in Hirschberg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1911. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Heym handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 115 Worte. Weitere Werke des Dichters Georg Heym sind „Der Baum“, „Der Blinde“ und „Der Fliegende Holländer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Die Gefangenen II“ weitere 79 Gedichte vor.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Georg Heym
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Georg Heym und seinem Gedicht „Die Gefangenen II“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
- Heym, Georg - Der Gott der Stadt (Interpretation)
- Heym, Georg - Georg Heym als Namensgeber für Straßen (Bezug zum Gedicht Der Krieg)
- Heym, Georg - Die Stadt (Gedichtinterpretation)
- Heym, Georg - Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen (Interpretation)
- Heym, Georg - Berlin (Gedichtinterpretation)
Weitere Gedichte des Autors Georg Heym (Infos zum Autor)
- April
- Berlin I
- Berlin II
- Berlin III
- Bist Du nun tot?
- Columbus
- Das Fieberspital
- Der Abend
- Der Baum
- Der Blinde
Zum Autor Georg Heym sind auf abi-pur.de 79 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt