Am Rande der Nacht von Rainer Maria Rilke

Meine Stube und diese Weite,
wach über nachtendem Land, –
ist Eines. Ich bin eine Saite,
über rauschende breite
Resonnanzen gespannt.
 
Die Dinge sind Geigenleiber,
von murrendem Dunkel voll;
drin träumt das Weinen der Weiber,
drin rührt sich im Schlafe der Groll
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ganzer Geschlechter …
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Ich soll
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silbern erzittern: dann wird
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alles unter mir leben,
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und was in den Dingen irrt,
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wird nach dem Lichte streben,
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das von meinem tanzenden Tone,
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um welchen der Himmel wellt,
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durch schmale, schmachtende Spalten
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in die alten
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Abgründe ohne
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Ende fällt …
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Am Rande der Nacht“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
85
Entstehungsjahr
1906
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht namens „Am Rande der Nacht“ wurde von dem Prager Dichter Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Rilke war ein wichtiger Vertreter der lyrischen Moderne, insbesondere der symbolischen und expressionistischen Dichtung.

Auf den ersten Blick besticht das Gedicht durch sein mystisches und fast metaphysisches Bild, das durch die metaphorische Sprache und die eindrucksvolle Verssprache erzeugt wird. Darüber hinaus ist die ungewöhnliche Anordnung der Verse und Strophen bemerkenswert.

Das Gedicht erzählt in einfacher Sprache von der tiefen Verbindung des lyrischen Ichs mit seiner physischen, emotionalen und spirituellen Umgebung. Insbesondere vergleicht sich das Ich in Vers 3 mit einer Saite, die „über rauschende breite Resonnanzen gespannt“ ist. Dieses Bild wird verstärkt durch die Beschreibung der Dinge als „Geigenleiber“ und der Atmosphäre als „murrendes Dunkel“. Das lyrische Ich empfindet sich als Teil eines größeren, universellen Klangs, der durch die Welt fließt und dabei Emotionen und Konflikte („das Weinen der Weiber“, „der Groll ganzer Geschlechter“) hervorruft. Zudem scheint das Ich eine Art Mittlerrolle zwischen dem Irdischen und dem Transzendenten zu übernehmen, da sein „tanzender Ton“ Licht in „alte Abgründe ohne Ende“ wirft.

In Bezug auf die Form fällt auf, dass die zweite Strophe erheblich länger ist als die erste und sehr ungewöhnlich 16 Verse umfasst. Dies trägt zu dem Gefühl bei, dass das lyrische Ich sich in einen immer größeren und komplexeren Kosmos hineinbewegt. Die poetische Sprache ist reich an Metaphern und insgesamt sehr bildhaft, was die mystische Atmosphäre des Gedichts magisch unterstreicht.

Zusammenfassend könnte man sagen, dass Rilkes „Am Rande der Nacht“ Ausdruck einer romantischen Sehnsucht und existenziellen Suche ist, die gleichzeitig die Grenzen des Menschlichen berührt und übersteigt. Dabei verbindet das Gedicht das Persönliche mit dem Universellen und zeigt eine beinahe mystische Verbindung zwischen Mensch und Welt.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Am Rande der Nacht“. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. 1906 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 85 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Am Rande der Nacht“ weitere 338 Gedichte vor.

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