Ans eigne Herz von Luise Hensel

Mein Herz, was schlägst du gleich so bange,
Wenn dir der Vater Trübsal schickt?
Sei ruhig, Herz, es währt nicht lange:
Bald endet Alles, was dich drückt.
 
Noch will in dir die Welt sich regen,
Die manches junge Herz bethört:
Die mußt du in ein Grabtuch legen,
Gesegnen all, was ihr gehört.
 
Bald lockt sie dich mit ihren Freuden,
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Bald droht sie Leid und Kummer dir;
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Sie will von deinem Gott dich scheiden,
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Und stellt dir ihre Götzen für.
 
13 
Du darfst dich nicht mit ihr vereinen;
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Laß ihre vollen Rosen stehn,
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Und siehe, wie die Lilien scheinen,
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Und höre, wie die Palmen wehn.
 
17 
So sei, mein Herz, o sei zufrieden
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Mit Allem, was der Herr dir giebt,
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Und denke, von der Welt geschieden,
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Gott prüfet dich, weil Er dich liebt.
 
21 
Ja, Vater! ich will still ergeben
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Mit meiner Bürde weiter gehn,
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Die Hände fromm zu Dir erheben
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Und nicht auf diese Erde sehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Ans eigne Herz“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
153
Entstehungsjahr
1815
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das vorgelegte Gedicht ist „An's eigne Herz“ von Luise Hensel, einer deutschen Schriftstellerin, die von 1798 bis 1876 gelebt hat. Damit tummelt es sich in der Literaturperiode der Romantik bis ins späte 19. Jahrhundert.

Beim ersten Lesen des Gedichts fällt auf, dass das lyrische Ich in einem introspektiven und gleichzeitig beratenden Dialog mit seinem eigenen Herzen ist. Es geht um innere Unruhe, um Herausforderungen des Lebens und um die Auseinandersetzung mit der Welt, aber auch mit einer höheren Macht, die hier als „Vater“ oder „Gott“ bezeichnet wird.

Das lyrische Ich spricht sein Herz an und versucht, ihm Mut zuzusprechen, sich durch Schwierigkeiten und Verwirrungen nicht verunsichern zu lassen (Vers 1-4). Es weist darauf hin, dass die Welt, die es begehren und täuschen kann, letzten Endes fallengelassen und verlassen werden muss (Vers 5-8). Es warnt das Herz davor, dass die Welt, die ebenso Freude wie Leid bietet, es von Gott trennen will (Vers 9-12). Es ermutigt das Herz, die scheinbaren Verlockungen der Welt zu ignorieren und stattdessen auf die metaphorischen Symbole der Reinheit und Spiritualität – die Lilien und Palmen – zu achten (Vers 13-16). Es ruft das Herz dazu auf, zufrieden und dankbar zu sein für das, was Gott gibt, und daran zu denken, dass jede Prüfung eine Demonstration von Gottes Liebe ist (Vers 17-20). Letztlich betont das lyrische Ich seine Bereitschaft, in Demut und frommer Hingabe weiterzumachen, ohne auf die Welt zu achten (Vers 21-24).

Bei näherer Betrachtung stellt sich das Gedicht sowohl thematisch als auch formal als ein Beispiel für die religiöse Lyrik dar. Es macht deutlich, dass Hensel in ihrem Werk mystische Spiritualität mit dem Alltag verbindet. Sie verwendet eine eher einfache, allgemein verständliche Sprache und folgt einem klaren metrischen und reimenden Muster. Jede der sechs Strophen besteht aus vier Versen, die ein Kreuzreim-Schema (abab) aufweisen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hensels „An's eigne Herz“ das typische menschliche Dilemma zwischen irdischen Versuchungen und spirituellem Streben darstellt. Es zeigt die Konflikte und Kämpfe des lyrischen Ichs und bietet gleichzeitig eine spirituelle Lösung, nämlich Gottvertrauen, Demut und Hingabe.

Weitere Informationen

Luise Hensel ist die Autorin des Gedichtes „Ans eigne Herz“. Die Autorin Luise Hensel wurde 1798 in Linum geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1815 zurück. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik oder Biedermeier kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin vorgenommen werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 153 Worte. Weitere Werke der Dichterin Luise Hensel sind „O Kreuz, o Quell der Freuden“, „Herz, mein Herz, wie schwer die Schuld!“ und „Nach Ihm nur einzig streben“. Zur Autorin des Gedichtes „Ans eigne Herz“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 255 Gedichte vor.

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