Müde bin ich von Luise Hensel

Müde bin ich, geh’ zur Ruh’,
Schließe beide Äuglein zu;
Vater, laß die Augen dein
Über meinem Bette sein!
 
Hab’ ich Unrecht heut’ gethan,
Sieh’ es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad’ und Jesu Blut
Macht ja allen Schaden gut.
 
Fern von mir sei Haß und Neid,
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in mir Lieb’ und Gütigkeit.
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Laß mich Deine Größe schaun,
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nur auf Dich, o Gott, vertraun.
 
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Alle, die mir sind verwandt,
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Gott, laß ruhn in deiner Hand!
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Alle Menschen, groß und klein,
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Sollen dir befohlen sein.
 
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Hilf den Armen in der Not,
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sei auch gnädig uns im Tod.
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Schenk uns Frieden, bann den Krieg.
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Dir gehört der letzte Sieg.
 
21 
Kranken Herzen sende Ruh’,
22 
Nasse Augen schließe zu;
23 
Laß den Mond am Himmel stehn
24 
Und die stille Welt besehn!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Müde bin ich“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1817
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Müde bin ich“ wurde von Luise Hensel verfasst, welche von 1798 bis 1876 lebte. Diese zeitliche Einordnung platziert sie in die Epoche der Romantik, jedoch ist bekannt, dass sie auch stark vom Pietismus geprägt war.

Schon beim ersten Lesen wird klar, dass das Gedicht stark von religiösen Elementen durchzogen ist. Das lyrische Ich scheint sich am Ende eines Tages zu befinden und führt dabei eine Art Abendgebet durch. Es drückt sowohl physische Müdigkeit („Müde bin ich, geh' zur Ruh'“) als auch eine gewisse seelische Erschöpfung aus, die in der Bitte um einen ewigen Frieden durch Gott deutlich wird.

Inhaltlich wird eine Nähe zu Gott und dessen ständige Präsenz thematisiert („Vater, laß die Augen dein / Über meinem Bette sein“). Ebenso bittet das lyrische Ich um Vergebung für begangene Fehler („Hab' ich Unrecht heut' gethan, / Sieh’ es, lieber Gott, nicht an!“) und um die Kraft, Positives zu verkörpern und Vertrauen in Gott zu haben. In weiteren Strophen wird für das Wohl anderen gebetet, für die Familie, für Arme und Kranke und generell für alle Menschen. Es wird um den Frieden gebeten und schließlich um den ruhevollen Tod. Die letzte Strophe könnte dabei als Metapher für das Einschlafen oder den Tod interpretiert werden.

Formal handelt es sich bei dem Gedicht um einen Reim in Kreuzreim-Form. Jede Strophe besteht aus vier Versen, was insgesamt ein sehr strukturiertes und geordnetes Bild ergibt. Die Sprache ist einfach und klar, sodass auch der Inhalt ohne zusätzliche Interpretation zugänglich ist. Die religiösen Referenzen sind eindeutig und direkt, was auf den starken Glauben der Autorin hinweist. Sie nutzt Metaphern und symbole, insbesondere im Zusammenhang mit dem Schlafen und dem Tod („Kranken Herzen sende Ruh’, / Nasse Augen schließe zu“), um komplexe Gefühle und Gedanken zu vermitteln.

Abschließend kann man sagen, dass das lyrische Ich seine tiefen Glaubensüberzeugungen und seine Abhängigkeit von Gott, sowohl für sein persönliches Wohl als auch für das Wohl seiner Mitmenschen, zum Ausdruck bringt. Dies wirkt sowohl demütig als auch hoffnungsvoll. Luise Hensel gelingt es dabei in einfacher, klarer Sprache tiefgründige und universelle Themen aufzugreifen.

Weitere Informationen

Luise Hensel ist die Autorin des Gedichtes „Müde bin ich“. Im Jahr 1798 wurde Hensel in Linum geboren. Im Jahr 1817 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her den Epochen Klassik, Romantik oder Biedermeier zuordnen. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das 125 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Luise Hensel ist auch die Autorin für das Gedicht „Herz, mein Herz, wie schwer die Schuld!“, „Nach Ihm nur einzig streben“ und „Süßer Jesus, kehre wieder“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Müde bin ich“ weitere 255 Gedichte vor.

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