Crux ave! von Luise Hensel

1	O Kreuz, o du mein Streitpanier,
2	Dich grüß' ich, heil'ges Kreuz!
3	Sei du mir Schmuck und höchste Zier,
4	Sei du mein einz'ger Reiz.
5	O Kreuz, du köstlich Gnadengut,
6	Sei tausendmal gegrüßt,
7	Ob jener theuern Purpurfluth,
8	Die an dir niederfließt!
9	Eh' Adam scheu aus Eden floh,
10	Sich tiefer Schuld bewußt,
11	Da war der Mensch noch reich und froh,
12	Des Vaters liebste Lust.
13	Unsel'ger Geist der Finsterniß,
14	Weh, daß dein schwarzer Neid
15	Ihn nieder von der Höhe riß
16	In Angst und Sünd' und Streit!
17	O, Schade, Schade, menschlich Herz,
18	Du warst so hoch gestellt!
19	Nun geh und ringe mit dem Schmerz;
20	Fremd bleibst du doch der Welt.
21	Dich martern Reu' und Sehnsucht nun,
22	Dich schreckt Gericht und Tod;
23	Du fühlst: in Gott nur kannst du ruhn,
24	Du bist verwandt mit Gott.
25	Und diesen Gott hast du gekränkt,
26	Ja, bis zum Tod betrübt,
27	Der Alles, Alles dir geschenkt,
28	Der dich so treu geliebt.
29	Ja, bis zum Tod, zum Kreuzestod
30	Hat Ihn dein Fall betrübt
31	O, der unsäglich treue Gott,
32	Wie hat Er dich geliebt!
33	Dein Ungehorsam bricht das Herz,
34	Das dir ja Alles gab;
35	Dein' Hoffart zollt Ihm Hohn und Schmerz,
36	Dein Undank gräbt Sein Grab.
37	O Gott! mein Gott! mein einzig Gut!
38	Wie schwer verging ich mich!
39	Und dennoch bist Du mir noch gut
40	Erbarm', erbarme Dich!
41	Du kennst noch Dein entstelltes Kind:
42	Ich bringe Dir Dein Kreuz;
43	Es ist mein Stab, denn ich bin blind,
44	Es ist mein Schmuck, mein Reiz.
45	Es ist mein Schwert, mein Streitpanier,
46	Mein Schild, mein Grubenlicht.
47	Herr! schwer ist es, doch trag' ich's Dir,
48	Bis mir das Herz dran bricht.

Details zum Gedicht „Crux ave!“

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Crux ave!“ stammt von der Autorin Luise Hensel, die im späten 18. und im 19. Jahrhundert lebte und schreibte. Ihr Werk ist geprägt von einer tiefen religiösen Überzeugung und Spiritualität, die auch in diesem Gedicht deutlich wird.

Bereits der erste Eindruck zeigt, dass es sich bei „Crux ave!“ um ein ausdrucksstarkes, intensives und frommes Gedicht handelt. Die Verse sind von tiefgehenden Emotionen durchzogen, die sich in intensiven Glaubensbekenntnissen und aufrichtiger Reue äußern.

Inhaltlich ist „Crux ave!“ ein religiöses Gedicht, das das Kreuz, ein zentrales Symbol des Christentums, in den Mittelpunkt stellt. Das lyrische Ich spricht das Kreuz direkt an und vergleicht es mit verschiedenen Dingen: Es ist ein Streitpanier, ein Schmuck, ein Reiz, ein Gnadengut und zugleich auch ein Symbol der Sünde und des Leidens. Es steht für den Sündenfall und die Erlösung der Menschheit. Gleichzeitig spiegelt das Gedicht die katholische Theologie der Reue und Buße wider sowie die tiefe Sehnsucht nach Erlösung und Vergebung.

Was die Form anbelangt, setzt sich das Gedicht aus zwölf gleich strukturierten Strophen zusammen, wobei jede Strophe aus vier Versen besteht. Dieses Muster zeigt eine formale Geschlossenheit und Ordnung, die eine spirituelle Tragweite des Werkes unterstreicht.

Sprachlich ist das Gedicht geprägt durch eine formale und altertümliche Sprache, die aber dennoch klar und eindringlich ist. Auffallend sind die Wiederholungen und die bildhafte Sprache. Diese verdeutlichen nicht nur die emotionale Intensität des Sprechers, sondern auch die spirituelle Bedeutung des Kreuzes und die tiefen Gefühle des lyrischen Ichs gegenüber Gott.

Insgesamt lässt sich sagen, dass „Crux ave!“ ein tief religiöses Gedicht ist, in dem Luise Hensel ihre tiefe Spiritualität und ihren Glauben zum Ausdruck bringt. Die formale Gestaltung und die sprachliche Umsetzung tragen dabei zur Intensität und eindrücklichen Wirkung des Gedichtes bei.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Crux ave!“ ist Luise Hensel. Die Autorin Luise Hensel wurde 1798 in Linum geboren. Im Jahr 1818 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Klassik, Romantik oder Biedermeier zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 12 Strophen und umfasst dabei 264 Worte. Luise Hensel ist auch die Autorin für das Gedicht „Schau himmelan, schau himmelan“, „Und Gottes Friede sei mit dir“ und „Wohl gleicht das Leben einem Kranz“. Zur Autorin des Gedichtes „Crux ave!“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 255 Gedichte vor.

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• Gruß an Maria
• O nimm die kleine Gabe gern
• Schau himmelan, schau himmelan
• Und Gottes Friede sei mit dir

Zum Autor Luise Hensel sind auf abi-pur.de 255 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.