Aschermittwoch von Luise Hensel

»Staub bist du und kehrst zum Staube,
Denk', o Mensch, an deinen Tod!«
Wohl, dies weiß ich, doch mein Glaube
Sieht ein ew'ges Morgenroth.
 
Sieht ein Land, wo Friedenspalmen
Um des Siegers Scheitel wehn,
Wo umrauscht von ihren Psalmen
Wir der Engel Chöre sehn.
 
Wo Maria, die Getreue,
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Ihr geliebtes Kind uns zeigt,
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Wo die Sehnsucht und die Reue
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Nun ihr selig Ziel erreicht.
 
13 
Wo der Vater mit dem Sohne
14 
Und dem heil'gen Geist zugleich
15 
Thront auf einem ew'gen Throne,
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Unaussprechlich herrlich, reich.
 
17 
Wo wir Den, der je gewesen,
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Schauen, wie Er ewig war.
19 
O, dort wird mein Herz genesen!
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O, dort wird mein Auge klar!
 
21 
Wo verklärte Seelen streben
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Ihn, den Einz'gen, zu erhöhn,
23 
Wo die sel'gen Märt'rer schweben,
24 
Wo die reinen Jungfrau'n stehn.
 
25 
Wo die zarte Magdalene
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Selig Ihm zu Füßen liegt,
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Da der Reue bittre Thräne
28 
Ihr in Wonne längst versiegt.
 
29 
Wo Johannes, der Geliebte,
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Innig Ihm am Herzen ruht,
31 
Alles Kranke, einst Betrübte
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Ruht in Seines Schooßes Hut.
 
33 
Wo die heil'gen Schaaren wandeln,
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Die das Kreuz den Weg gelehrt,
35 
Die im Lieben, Dulden, Handeln
36 
Hier Sein Bild in sich verklärt.
 
37 
Wohl mir, daß er Staub einst werde,
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Dieser Leib von Erd' und Staub!
39 
Meine Seele wird der Erde,
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Wird dem Wurme nicht zum Raub.
 
41 
Hauch ist sie aus Gottes Munde,
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Und sie kehrt hinauf zum Licht.
43 
Sei gesegnet, ernste Stunde,
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Die einst meine Fessel bricht!
 
45 
Sei gesegnet, stiller Hügel,
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Der einst meine Asche deckt,
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Bis das Weh'n der Seraphsflügel
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Mich vom langen Schlaf erweckt!
 
49 
»Denn du Staub, du kehrst zum Staube
50 
Bis zum neuen Morgenroth.«
51 
Ja, ich weiß es, doch mein Glaube
52 
Hebt mich über Grab und Tod.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Aschermittwoch“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
52
Anzahl Wörter
272
Entstehungsjahr
1820
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Aschermittwoch“ stammt von Luise Hensel, die zwischen 1798 und 1876 lebte. Sie war eine deutsche Dichterin und gehört zur Literaturperiode der Spätromantik.

Das Gedicht besteht aus 13 Strophen mit jeweils vier Versen und ist reich an religiösen Symbolen und biblischen Bezügen. Es thematisiert die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und bietet gleichzeitig eine christlich geprägte Vorstellung vom Leben nach dem Tod.

Im ersten Abschnitt wird der Mensch daran erinnert, dass er aus Staub kommt und zu Staub zurückkehren wird. Das lyrische Ich bestätigt diese Aussage, stellt jedoch gleichzeitig seinen Glauben an ein ewiges Leben nach dem Tod heraus. Der Blick auf den Tod wird also durch eine Perspektive der Hoffnung und des Glaubens ergänzt.

In den folgenden Strophen malt das lyrische Ich ein Bild vom Leben nach dem Tod, in dem Frieden und Harmonie herrschen. Dabei bedient es sich verschiedener biblischer Motive und Figuren, wie zum Beispiel Maria und den Engeln. Das lyrische Ich ersehnt und erwartet diesen Zustand, in dem es Gott und die verklärten Seelen sehen wird und sein Herz genesen wird.

Im zehnten Abschnitt betont das lyrische Ich, dass der irdische Körper vergänglich ist, die Seele jedoch unsterblich und Gott zugehörig ist. Es freut sich auf den Moment, in dem seine irdischen Ketten gebrochen und es in Richtung Himmel aufsteigen wird.

Auch wenn der Tod und das Sterben in diesem Gedicht präsent sind, werden sie nicht als etwas Endgültiges oder Furchteinflößendes dargestellt. Vielmehr wird der Tod als Übergang in ein anderes, besseres Leben dargestellt. Dem Tod wird auf diese Weise seine Bedrohlichkeit genommen.

Bezüglich der Form und Sprache des Gedichts fällt auf, dass Hensel einen sehr geordneten, rhythmischen Versbau verwendet. Es handelt sich um einen vierhebigen Trochäus, wobei der letzte Vers jeder Strophe im Wechsel männlich und weiblich endet. Die Sprache ist anspruchsvoll und bildreich. Verweise und Bilder aus der Bibel prägen das Gedicht stark, was den tiefen Glauben der Dichterin widerspiegelt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Luise Hensels Gedicht „Aschermittwoch“ eine poetische Auseinandersetzung mit dem Tod darstellt, die von christlicher Hoffnung und Zuversicht geprägt ist. Es ist ein eindrückliches Zeugnis für ihre tiefen religiösen Überzeugungen und ihre Fähigkeit, diese in poetischer Form auszudrücken.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Aschermittwoch“ der Autorin Luise Hensel. Die Autorin Luise Hensel wurde 1798 in Linum geboren. 1820 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her den Epochen Klassik, Romantik oder Biedermeier zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 272 Worte. Die Dichterin Luise Hensel ist auch die Autorin für Gedichte wie „Nach Ihm nur einzig streben“, „Süßer Jesus, kehre wieder“ und „Soll mir Jesus liebevoll sich zeigen“. Zur Autorin des Gedichtes „Aschermittwoch“ haben wir auf abi-pur.de weitere 255 Gedichte veröffentlicht.

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