An ihrem Grabe von Luise Hensel

Müd' komm ich aus der Ferne
Mit schwerem Wanderstab;
Ach! grüßen wollt' ich gerne
Der treu'sten Freundin Grab.
 
Es sagen keine Worte,
Es weht aus keinem Lied,
Was ich in ihr gefunden,
Was mir mit ihr verblüht.
 
Das reichste Herz an Güte,
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Das ich auf Erden fand,
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Das bergen diese Blumen,
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Das decket dieser Sand.
 
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Ich knie' an ihrem Grabe
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So einsam und so arm.
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Es tranken seine Blumen
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Wohl nimmer Thau, so warm.
 
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O, drängen meine Thränen
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Hinab, hinab zu ihr
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Und weht' aus ihrem Munde
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Ein Hauch herauf zu mir!
 
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Doch still und kalt und öde
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Ruht Alles weit umher
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Es weckt mein lauter Jammer
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Dich, Selige! nicht mehr.
 
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So ruh' in Gottes Frieden
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In Deiner stillen Gruft,
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Bis des Erweckers Stimme
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Zur ew'gen Wonne ruft.
 
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Schlaf' wohl, schlaf' wohl, Geliebte!
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Ich nehme welkend Laub
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Von deinem stillen Hügel
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Und eine Handvoll Staub.
 
33 
Das ist, was mir geblieben
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Von aller Erdenlust:
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Es ruh' als Angedenken
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Auf meiner kranken Brust.
 
37 
Und wenn sie mich begraben
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Dereinst im fernen Land,
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Deckt mein gebrochnes Herze
40 
Noch Deines Hügels Sand.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „An ihrem Grabe“

Autor
Luise Hensel
Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
178
Entstehungsjahr
1825
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An ihrem Grabe“ wurde von der deutschen Dichterin Luise Hensel verfasst, die von 1798 bis 1876 lebte. Damit lässt sich das Gedicht in die Epoche der deutschen Romantik einordnen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht tröstend und traurig zugleich. Das lyrische Ich reflektiert über den Verlust einer geliebten Person und besucht deren Grab.

Das lyrische Ich berichtet von seiner mühevollen Reise zum Grab einer Freundin. Sie beschreibt die Niederlegung von Blumen und dem Gedenken an die Verblichene. Es werden tiefe Gefühle des Verlusts und der Trauer deutlich. Durch ihre Worte lässt das lyrische Ich erkennen, wie wertvoll und bedeutsam die Verstorbene für sie war. Sie drückt das Unvermögen aus, den Wert dieser Person in Worte fassen zu können. Es betont auch die Einsamkeit und Leere, die der Tod der Freundin hinterlassen hat. Gleichzeitig scheint das lyrische Ich Trost in der Vorstellung zu finden, dass die Verstorbene in Frieden ruht und erwartet, dass sie eines Tages wieder auferstehen wird.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus zehn Vierzeiler-Strophen, wobei jede Strophe eine eigene kleine Einheit bildet und gleichzeitig zur Gesamtheit des Werks beiträgt. Die Sprache des Gedichts ist bildreich und metaphorisch. Der „schwere Wanderstab“ steht hier beispielsweise für die Lebenslast und die Probleme, die das lyrische Ich mit sich trägt. Blumen und Sand symbolisieren das Leben bzw. den Tod der Freundin.

„An ihrem Grabe“ spiegelt die tiefe Trauer und den Schmerz des lyrische Ichs wider. Dennoch gibt es auch eine leise Hoffnung auf Auferstehung und ein Wiedersehen. Und die letzte Strophe lässt erahnen, wie eng die Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und der Verstorbenen war, da es wünscht, dass ihre Überreste dereinst mit dem Sand vom Grabhügel der Freundin bedeckt werden sollen.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „An ihrem Grabe“ ist Luise Hensel. Geboren wurde Hensel im Jahr 1798 in Linum. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1825. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 178 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Die Gedichte „Soll mir Jesus liebevoll sich zeigen“, „Gruß an Maria“ und „O nimm die kleine Gabe gern“ sind weitere Werke der Autorin Luise Hensel. Zur Autorin des Gedichtes „An ihrem Grabe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 255 Gedichte vor.

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