Antwort der Schwester von Luise Hensel
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Wie rührt' ich sonst die Leier |
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So gern an diesem Tag |
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Und sang zur Morgenfeier |
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Die muntern Vöglein wach. |
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Ich sann in stillen Thränen |
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Der Wehmuth und der Lust, |
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Von Hoffen und von Sehnen |
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Bewegt in tiefer Brust. |
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Und Lied und holde Worte, |
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Was nur von Liebe spricht, |
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Das ging aus dunkler Pforte |
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An's helle Tageslicht. |
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Wie grüßte Dich so gerne |
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Auch heut' ein fröhlich Lied, |
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Das hell durch alle Ferne, |
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Durch alle Nebel zieht. |
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Ach, aber all' mein Singen |
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Und all' mein Leierspiel, |
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Das will mir nicht gelingen, |
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Das nutzet mir nicht viel. |
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Es lagern bange Sorgen |
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Um mein geängstet Herz; |
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Den Abend wie den Morgen |
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Ist immer wach der Schmerz: |
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Bis jede Schuld sich büßte |
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Und Gnadenworte wehn, |
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Willst, Armer, durch die Wüste |
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Mit wunden Füßen gehn. |
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Ich denke Deines Leides |
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Und weine für und für; |
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Ich denke Deines Streites |
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Und streite ihn mit Dir. |
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Und, Freund! in solchen Stunden |
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Da klingt kein Leierspiel; |
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Drum sei auch Du durch Wunden |
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Gegrüßet oft und viel; |
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Durch Jesu heil'ge Wunden |
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Und durch Mariä Schmerz, |
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Daran wohl mag gesunden |
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Jedwedes kranke Herz; |
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Damit wohl überwindet |
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Jedweder Kämpfer gut, |
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Darin wohl Ruhe findet, |
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Wer nirgendwo geruht. |
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Und der im Dornenkranze |
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Für Dich am Kreuz verschied |
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Und nun im ew'gen Glanze |
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Auf Dich hernieder sieht: |
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Der neige Seine Palmen |
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Dem frommen Streiter hin |
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Und wecke Dir zu Psalmen |
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Den schwer gedrückten Sinn; |
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Der wolle Siegesfreude |
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Und Frieden Dir verleihn, |
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Der woll' im heil'gen Streite |
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Dir Schild und Harnisch sein! |
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Drum wende Deine Tritte |
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Vom falschen Glanze fern |
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Und baue Deine Hütte |
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Im Gnadenlicht des Herrn. |
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Dann wird mit ew'ger Krone |
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Dein Ringen Dir gelohnt |
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Dort, wo an Gottes Throne |
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Manch frommer Kämpfer wohnt. |
Details zum Gedicht „Antwort der Schwester“
Luise Hensel
16
64
280
1828
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Antwort der Schwester“ wurde von der deutschen Dichterin Luise Hensel verfasst. Sie lebte von 1798 bis 1876, was das Gedicht zeitlich in die Epoche der Romantik einordnet.
Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einem melancholischen Ton, der durch den gesamten Text hinweg zu spüren ist.
Inhaltlich handelt das lyrische Ich von dem Schmerz und der Sehnsucht, die es fühlt. Es spricht von der Vergangenheit und scheint nostalgisch über Zeiten zu reden, in denen es fröhlich singen und die Morgenstunde begrüßen konnte. Doch jetzt wird es von Sorgen und Schmerz geplagt. Es spricht davon, mit wunden Füßen durch eine Wüste zu gehen und stellt damit metaphorisch vermutlich eine harte Lebensphase oder innere Konflikte dar. In tiefem Mitgefühl betont das lyrische Ich, dass es den Kampf des anderen mitempfunden hat. Es spricht auch von der Hoffnung und der Erlösung durch den Glauben, besonders durch Jesus und Maria.
Die Sprache des Gedichts ist leicht altertümlich, was durch den Gebrauch einiger Wörter wie 'Thränen' und „Armer“ hervorgerufen wird.
Formal ist das Gedicht in sechzehn Strophen organisiert, wobei jede Strophe aus vier Versen besteht. Das reimt sich in der Struktur ABAB.
Das lyrische Ich drückt seine tiefe Traurigkeit und Bekümmernis aus, reflektiert über seine inneren Kämpfe und findet Trost im christlichen Glauben. Es scheint, dass es seine Probleme mit jedem, an den das Gedicht gerichtet ist, teilt und es nutzt die Aussagen, um Trost und Anleitung durch den Glauben zu geben. Es gibt ein Gefühl von tröstendem Mitgefühl wieder und drückt den Wunsch aus, dem Empfänger des Gedichts mit seinen Texten zu helfen.
Insgesamt ist das Gedicht ein tiefer Ausdruck von Trauer, Empathie und Hoffnung und lässt durch seine klare und berührende Sprache eine bewegende Wirkung auf den Leser entstehen. Es zeigt die Kraft des Glaubens und der Hoffnung in schwierigen Zeiten und vermittelt die Botschaft, dass man mit Glauben und Hoffnung große Schwierigkeiten überwinden kann. Der Glaube scheint für das lyrische Ich eine wichtige Rolle bei der Bewältigung seines Kummers zu spielen.
Weitere Informationen
Luise Hensel ist die Autorin des Gedichtes „Antwort der Schwester“. Hensel wurde im Jahr 1798 in Linum geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1828 zurück. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 280 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 64 Versen mit insgesamt 16 Strophen. Die Gedichte „O Kreuz, o Quell der Freuden“, „Herz, mein Herz, wie schwer die Schuld!“ und „Nach Ihm nur einzig streben“ sind weitere Werke der Autorin Luise Hensel. Zur Autorin des Gedichtes „Antwort der Schwester“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 255 Gedichte vor.
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- Süßer Jesus, kehre wieder
- Soll mir Jesus liebevoll sich zeigen
- Gruß an Maria
- O nimm die kleine Gabe gern
- Schau himmelan, schau himmelan
- Und Gottes Friede sei mit dir
Zum Autor Luise Hensel sind auf abi-pur.de 255 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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