Der frohe Tote von Charles Baudelaire

In einer fetten erde voll von schnecken
Da richt ich eine tiefe grube her ·
Da will ich frei die alten glieder recken ·
Vergessen schlafen wie ein hai im meer.
 
Ich will nicht testament noch grab und stein ·
Ich will von menschen keine thräne heischen.
Ich lade lieber mir die raben ein
Dass sie den ganzen morschen leib zerfleischen.
 
Ihr würmer! augen- ohrenlos gekreuch!
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Ein freier froher toter kommt zu euch!
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Ihr heitre Weise · aufgenährt im kot!
 
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Durch meine reste dringet ohne sorgen
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Und sagt: blieb eine qual mir noch verborgen -
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Mir ohne seele unter toten tot?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Der frohe Tote“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der frohe Tote“ stammt von Charles Baudelaire, einem französischen Dichter des 19. Jahrhunderts, der zu den bedeutendsten Vertretern des Symbolismus gezählt wird. Der erste Eindruck beim Lesen des Gedichts ist ein Gefühl von Ehrfurcht und Melancholie, zugleich aber auch eine ungewöhnliche Art der Lebensbejahung durch die Betrachtung des Todes.

Inhaltlich geht es im Gedicht um das lyrische Ich, das seine eigene Beerdigung plant und dabei den Wunsch äußert, in vollkommener Freiheit und ohne jegliche menschliche Sentimentalität zu sterben. Der Tod und die damit verbundene Zersetzung des Körpers wird als Akt der Befreiung dargestellt.

Das lyrische Ich möchte in einer „fetten erde voll von schnecken“ liegen (Ver. 1) und „frei die alten glieder recken“ (Ver. 3). Es will keinen Grabstein oder ein Testament, keine menschlichen Tränen, stattdessen bittet es die Raben, seinen „morschen leib“ zu zerfleischen (Ver. 8). All das spricht für einen unbekümmerten Umgang mit dem eigenen Tod und der natürlichen Unausweichlichkeit des Vergehens.

Im Bezug auf Form und Sprache fällt auf, dass Baudelaire eine ungewöhnliche Perspektive auf das Thema Tod wählt. Der Dichter verwendet eine einfache, klare Sprache, die gezielt das Unangenehme, Eklige und Traurige des Todes hervorhebt, um dadurch dessen universelle und natürlich Notwendigkeit zu betonen. Er spricht direkt an die Würmer, die „augen- und ohrenlose“ Kreaturen (Ver. 9), die sich von seinem Körper nähren sollen und ist dabei ironisch und selbstbezogen.

Jede Strophe hat eine andere metrische Struktur und es gibt keinen Reim, was auf den brüchigen, unvorhersehbaren Charakter des Todes hindeutet. Die Diktion ist schlicht und direkt mit drastischen Bildern, die sowohl eine abschreckende als auch faszinierende Wirkung auf den Leser haben.

Zusammenfassend ist „Der frohe Tote“ ein Gedicht, in dem Baudelaire den Tod und das Sterben als natürlichen Teil des Lebens darstellt. Es ist eine Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit, deren Akzeptanz und das Loslassen des menschlichen Festhaltens an materiellen und emotionalen Anhaftungen. Durch den paradoxen Titel und die ungewöhnliche Beschreibung des Todes, regt das Gedicht zur Reflektion über eigene Einstellungen zum Sterben und zum Leben an.

Weitere Informationen

Charles Baudelaire ist der Autor des Gedichtes „Der frohe Tote“. Im Jahr 1821 wurde Baudelaire in Paris geboren. Zwischen den Jahren 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 97 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Charles Baudelaire sind „An Theodor von Banville“, „Anheimfall“ und „Anziehender Schauder“. Zum Autor des Gedichtes „Der frohe Tote“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 101 Gedichte vor.

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