Der Wein der Bettler von Charles Baudelaire
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Oft kommt bei einer laterne rotem glanze |
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Beim rasseln des glases · der flamme zuckendem tanze |
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In alter vorstadt irrgängen dumpf und feucht |
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Darin in stürmischer gärung die menschheit keucht: |
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Ein bettler des weges der mit dem kopfe schüttelt · |
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Der wie ein dichter an mauern rennt und rüttelt · |
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Er nimmt auf die spähenden wächter keine acht · |
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Ergiesst sein herz in eingebildeter macht |
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Erhabne gesetze gebend und eide schwörend |
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Die bösen vernichtend die schuldlosen opfer erhörend. |
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Der himmel ist über ihm wie ein throndach geschmückt · |
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Er ist von dem glanz seiner eigenen würden entzückt – |
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Ja diese leute von häuslichen sorgen gepeinigt |
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Vom alter gemartert und von der arbeit gesteinigt · |
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Entkräftet · unter dem haufen von trümmern geneigt · |
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Ein wüstes gewühl das der riesigen stadt entsteigt: |
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Sie kehren mit ihren gefährten in kriegen gemagert |
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Zurück und ein fassgeruch über den ziehenden lagert · |
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Wie fetzen von alten fahnen hängt ihr bart – |
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Die banner die blumengeschmückten bogen der fahrt |
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Erheben sich vor ihnen in festlichem jubel · |
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Sie bringen in glänzendem und betäubendem trubel |
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Von sonne von waffen von pauken und stimmengebraus |
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Dem liebetrunkenen volke die ehre nach haus .. |
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So rollt durch die völker · die schwelger in heitren genüssen · |
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Der wein sein gold dahin in blendenden flüssen · |
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Er singt in der kehle des menschen was er schon vollbracht |
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Und mit seinen gaben erwirbt er sich fürstliche macht – |
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Den gleichmut zu wiegen und zu verscheuchen den kummer |
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Erfand der Herr von reue erfasst den schlummer |
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Für all die verwünschten die nah an den gräbern sind – |
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Der mensch fand den wein · der sonne geheiligtes kind. |
Details zum Gedicht „Der Wein der Bettler“
Charles Baudelaire
8
32
256
nach 1837
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Wein der Bettler“ wurde von Charles Baudelaire verfasst, einem bekannten französischen Dichter des 19. Jahrhunderts. Baudelaire war ein zentraler Vertreter der literarischen Strömung des Symbolismus und gilt als Wegbereiter der modernen Lyrik.
Das Gedicht, auf den ersten Blick wirkt melancholisch und düster, mit kräftigen, malerischen Bildern, lässt die herrschende Dunkelheit und Kühle einer heruntergekommenen Stadt und deren Bewohner lebendig werden.
Inhaltlich handelt das Gedicht von einem Bettler, der durch den Wein in eine Art Rauschzustand versetzt wird, in dem er seine normalerweise traurige und deprimierende Realität für kurze Zeit vergessen kann. Der Bettler wird als Dichter präsentiert, der trotz seiner Armut und Verzweiflung in der Lage ist, eine Welt der Macht und des Respekts zu erschaffen. Er ist von seiner eigenen Würde fasziniert und handelt, als ob er über anderen steht. In seinem Rausch macht der Wein den Bettler auch zur Metapher für das arbeitende Volk, das trotz der tristen Umstände seinen Alltag meistert.
Die Ausdrucksweise Baudelaires ist komplex, reich an Metaphern und bildhaften Vergleichen. Durch die Verwendung des Versmaßes erzeugt der Autor eine Rhythmik, die sowohl das surreale Element des Gedichts als auch die harten Realitäten des täglichen Lebens unterstreicht. Der Sprachstil ist zugleich düster und poetisch, was dem Gedicht eine schwere, melancholische Stimmung verleiht.
Formal besteht das Gedicht aus acht Strophen mit jeweils vier Versen. Die Wahl dieser klaren, geordneten Struktur könnte darauf hindeuten, dass der Autor eine strenge Kontrolle über sein Werk und seine Ideen behalten wollte. Trotz des trüben und schweren Inhalts bietet die Form des Gedichts somit eine gewissermaßen formale und ästhetisch ansprechende Struktur.
„Der Wein der Bettler“ ist somit eine beeindruckende Darstellung von Baudelaires Meisterschaft in der Erzeugung detaillierter, emotionstarker Bilder und tiefsinniger metaphorischer Konzepte. Der Autor schafft es, die triste und düstere Welt der Armen und Benachteiligten so zu schildern, dass sie trotz ihrer Deprimiertheit eine gewisse Schönheit und einen Hauch von Triumph erhält.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Der Wein der Bettler“ ist Charles Baudelaire. 1821 wurde Baudelaire in Paris geboren. Im Zeitraum zwischen 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 256 Worte. Weitere Werke des Dichters Charles Baudelaire sind „Abendeinklang“, „An Theodor von Banville“ und „Anheimfall“. Zum Autor des Gedichtes „Der Wein der Bettler“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 101 Gedichte vor.
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