Elegia von Martin Opitz

Weil daß die Sonne sich ins tiefe Meer begeben /
und ihr gestirntes Haupt die Nacht hat aufgericht /
sind Menschen / Vieh und Wild wie gleichsam ohne Leben /
der Monde scheinet auch gar kaum mit halbem Licht.
Ich / ob schon alles schläft / muß ohn' Aufhören wachen /
ich / ob schon alles ruht / muß ruhen ohne Ruh /
ob schon die ganze Welt frei ist von ihren Sachen /
bring ich vor Liebesbrunst und Angst kein Auge zu.
Und dich / Asterie / hat auch der Schlaf umringet /
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der Tagesarbeit Furt / des Todes Ebenbild /
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da mir der Zährenbach aus beiden Augen dringet /
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bist du mit sanfter Ruh auf deinem Bett erfüllt.
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Wie wann sich Delia hat in den Wald verborgen /
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wird durch den Schlaf erwischt und fällt ins grüne Gras /
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und wie die Nymphen auch sich legen gegen Morgen /
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wann der nächtliche Tanz sie hat gemachet laß;
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sie ruhen sicherlich bei einem frischen Bronnen /
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die Bäume halten auf der Morgenröte Licht /
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daß sie nicht alsobald erwachen von der Sonnen /
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deckt sie der dichte Wald: Pan aber schläfet nicht.
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Er geht / er ruft / er schreit mit sehnlichem Verlangen /
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daß seine Stimm erklingt durch Büsche / Berg und Tal /
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und sie sind sanftiglich mit süßem Traum umfangen /
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dem Pan antwortet nur der bloße Widerhall:
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Du auch / mein Leben / schläfst / ich muß in Nöten wallen /
26 
du bist in guter Ruh / ich wache für und für /
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bis mich der letzte Tod wird endlich überfallen /
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auf den ich sehnlich wart allhier bei deiner Tür.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Elegia“

Autor
Martin Opitz
Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
240
Entstehungsjahr
1597 - 1639
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Elegia“, geschrieben von Martin Opitz, einem der bekanntesten Dichter des 17. Jahrhunderts im Zeitalter des Barock, wirft uns in eine emotionale und geheimnisvolle Atmosphäre. Es lässt uns die tiefen Gefühle und Leiden des lyrischen Ichs, wahrscheinlich Opitz selbst, spüren, der in diesem Gedicht seine unerwiderte und qualvolle Liebe zur mysteriösen Asterie ausdrückt.

Auf den ersten Blick besticht das Gedicht durch seine melodramatische und emotional aufladene Stimmung. Der Ton ist oft düster und besorgt, aber durchzogen von eindringlicher Leidenschaft. Die erste Strophe spricht vom Einbruch der Nacht, symbolisch für Traurigkeit, Isolation und innere Leere. Im Gegensatz zur schlafenden Welt bleibt das lyrische Ich wach und leidet unter Liebeskummer und Angst. Die Traurigkeit intensiviert sich mit der Betonung, dass die geliebte Asterie schläft, während das lyrische Ich weint.

Auf die nächtliche, ruhige Szene folgt das Bild von Delia und Nymphen, die sich nach dem Tanz im Wald ausruhen. Sie sind vor der einbrechenden Morgenröte geschützt und schlafen sicher, während Pan, der Gott des Waldes, ruft und schreit, ähnlich dem verzweifelten Schmerz des lyrischen Ichs. Ein weiterer Hinweis auf die tragisch unerwiderte Liebe.

Inhaltlich handelt das Gedicht von der unerwiderten Liebe des lyrischen Ichs zu Asterie. Das lyrische Ich beschreibt seine schlaflosen Nächte und seine Sehnsucht nach Asterie, die in ihrem Bett ruht und von ihrem Liebhaber unbemerkt bleibt. Der lyrische Sprecher weckt Sympathie und Leidenschaft, indem er seine Sehnsucht und sein Klagen betont, und legt nahe, dass er auf den Tod wartet, vielleicht als Befreiung von seinem Leiden.

Die Struktur des Gedichts ist gut abgerundet und besteht aus vier siebenzeiligen Strophen. Es nutzt Reime, Metaphern und Symbole, um die Emotionen und Erfahrungen zu veranschaulichen, und die Sprache kontrastiert die Dunkelheit der Nacht und die Stille mit der Unruhe und dem Leiden des lyrischen Ichs. Adjektive wie „gestirntes“, „sicherlich“, und „sanftiglich“ tragen zu der Stimmung bei und unterstreichen die Schönheit und den Schmerz in diesem Gedicht, während mythologische Verweise der Geschichte eine größere Dimension geben.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Elegia“ ist Martin Opitz. Geboren wurde Opitz im Jahr 1597 in Bunzlau. In der Zeit von 1613 bis 1639 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Bei Opitz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Als Literatur des Barocks wird in der deutschen Geschichte der Literatur seit etwa 1800 die literarische Produktion in Europa im Zeitraum zwischen etwa 1600 und 1720 bezeichnet und folgt auf die Epoche der Renaissance und des Humanismus. Der Begriff „Barock“ stammt aus dem Portugiesischen („barocco“) und bedeutet so viel wie seltsam geformte, schiefrunde Perle. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein zentrales Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die schlechten sanitären Bedingungen konnten sich Seuchen ausbreiten. Rund ein Drittel der Menschen kamen durch den Krieg und sich ausbreitenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die massive Verminderung der Bevölkerung erlahmte das wirtschaftliche Leben zunehmend. Krieg und Elend lösten in der ärmeren Bevölkerung ein tiefes Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit aus. Im Gegensatz dazu lebten die absolutistischen, alleinigen Herrscher in pompösen Luxus und ließen sich Prunkschlösser bauen. Diese Gegensätze von Todesangst und Lebenslust bzw. Armut und Luxus ließen sich auch in der Literatur ausmachen. In der Dichtung wird die Verwendung solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Die Dichter der Renaissance schrieben noch auf Lateinisch, die Autoren des Barock begannen, ihre Werke in Deutsch zu verfassen. Autoren und Werke dieser Zeit sind vielzählig. Andreas Gryphius, Martin Opitz oder Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind unverkennbare Vertreter des Barocks.

Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 240 Worte. Weitere Werke des Dichters Martin Opitz sind „Jetzund kömmt die Nacht herbei“, „Wo ist mein Aufenthalt“ und „Wer Gott das Herze giebet“. Zum Autor des Gedichtes „Elegia“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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