Opitz, Martin - Ach Liebste, lass uns eilen (Gedichtinterpretation)

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Martin Opitz, Analyse, Interpretation, Barock, Referat, Hausaufgabe, Opitz, Martin - Ach Liebste, lass uns eilen (Gedichtinterpretation)
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Referat

Gedichtinterpretation

„Ach Liebste, lass uns eilen“ – Martin Opitz

Ach Liebste lass uns eilen
von Martin Opitz

Ach Liebste, laß uns eilen,
Wir haben Zeit,
Es schadet uns verweilen
Uns beyderseit.
 
Der edlen Schönheit Gaben
Fliehen Fuß für Fuß,
Daß alles, was wir haben,
Verschwinden muß.
 
Der Wangen Ziehr verbleichet,
10 
Das Haar wird greiß,
11 
Der Augen Feuer weichet,
12 
Die Brunst wird Eiß.
 
13 
Das Mündlein von Corallen
14 
Wird ungestalt,
15 
Die Händ' als Schnee verfallen,
16 
Und du wirst alt.
 
17 
Drumb laß uns jetzt geniessen
18 
Der Jugend Frucht,
19 
Eh' als wir folgen müssen
20 
Der Jahre Flucht.
 
21 
Wo du dich selber liebest,
22 
So liebe mich,
23 
Gieb mir das, wann du giebest,
24 
Verlier auch ich.

(„Ach Liebste lass uns eilen“ von Martin Opitz ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.6 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „Ach Liebste lass uns eilen“ wurde 1624 von Martin Opitz verfasst und lässt sich in die Kunstepoche Barock einordnen. Opitz als einer der bedeutendsten Autoren dieser Epoche verfasste in seinem Werk Buch von der Deutschen Poeterey poetische Grundsätze und Regeln, die sich von der antiken Dichtkunst unterschieden. So kann man vermuten, dass sich in dem vorliegenden Gedicht eine gewisse Regelhaftigkeit nachweisen lässt.

Martin Opitz (* 23. Dezember 1597 in Bunzlau; † 20. August 1639 in Danzig) war der Begründer der Schlesischen Dichterschule, deutscher Dichter und ein bedeutender Theoretiker des Barock. Opitz wurde von seinen Anhängern Vater und Wiederhersteller der Dichtkunst genannt. Er verfolgte das Ziel, die deutsche Dichtung auf Basis von Humanismus und antiken Formen zu einem Kunstgegenstand höchsten Ranges zu erheben, und es gelang ihm, eine neue Art der Poetik zu schaffen. Mit seinen Betrachtungen über Sprache, Stil und Verskunst gab Opitz der deutschen Poesie eine formale Grundlage. Dabei stellte er verschiedene Gesetze auf, welche über ein Jahrhundert hinaus als Richtlinie und Maßstab aller deutschen Poesie galten.

Der Autor beschreibt in seinem Gedicht, wie schön doch die Jugendzeit war, und dass man die Zeit, in der man alt ist, schnell hinter sich bringen sollte. Das Gedicht handelt von einem männlichen lyrischen Ich, das ein weibliches Du auffordert, die schöne Jugendzeit zur Liebe zu nutzen, da beiden der Verfall in der Zukunft sicher ist. Der Schwerpunkt liegt auf der Vergänglichkeit, welche ein typisches Motiv für den Barock darstellt. Jedoch lässt sich hier auch das Carpe Diem-Motiv nachweisen.

Das Gedicht ist sehr ungewöhnlich aufgebaut, da es nicht ein gleichbleibendes Metrum hat, sondern immer zwischen zwei verschiedenen hin und her springt. Opitz hat sein Gedicht in nur einer Strophe mit 24 Versen zusammengefasst und den Kreuzreim als Reimschema gewählt. Der Text ist in 6 Strophen zu je 4 Versen gegliedert. Das Metrum besteht aus einem dreihebigen und zweihebigen Jambus, die sich nach jedem Vers abwechseln. Genauso wechseln sich auch klingende (3-hebiger Jambus) und stumpfe Kadenz (2-hebiger Jambus) ab.

Opitz verdeutlicht das Altwerden, indem er sehr viele Subjekte verwendet und beschreibt, wie man sich äußerlich verändert. Außerdem benutzt er in seinem Gedicht viele Metaphern, wie zum Beispiel in Vers 13 „Das Mündlein von Korallen“. Korallen sollen hier wahrscheinlich Falten oder Ähnliches sein, die sich mit dem Alter im Gesicht ansammeln.
Das Gedicht lässt sich in drei Abschnitte einteilen, wobei der erste und der letzte Teil zusammen gehören. Im ersten Abschnitt (Vers 1-8) will das lyrische Ich seiner „Liebsten“ (Vers 1) klarmachen, dass sich die beste Zeit ihres Lebens schon dem Ende zuneigt (Vers 7f.: „Dass alles, was wir haben, verschwinden muss“) und sie die kommende Zeit besser schnell hinter sich bringen sollten (Vers 1: „lass uns eilen“). Der zweite Abschnitt geht von Vers 9 bis Vers 16. In diesem Teil beschreibt das lyrische Ich, wie schrecklich es ist, alt zu werden und welche Folgen das mit sich zieht (z.B. Vers 10: „Das Haar wird greis“). Der dritte Teil ist eigentlich eine Fortsetzung des ersten Teils. Hier richtet sich das lyrische Ich wieder an seine „Liebste“ und sagt ihr, dass sie lieber die Jugend noch genießen sollten (Vers 17: „Drum lass uns jetzt genießen der Jugend Frucht“), bevor sie sich durch die schlimme Zeit des Altwerdens quälen müssen (Vers 19: „Eh dann wir folgen müssen der Jahre Flucht“). Die letzten vier Verse sind sehr schwer zu verstehen, sie könnten jedoch bedeuten, dass die Liebe mit der Schönheit der Jugend vergeht und das lyrische Ich seine „Liebste“ nur liebt, wenn sie hübsch ist. Das Denken des lyrischen Ichs entspricht auch dem zur Barock-Zeit typischen Denkens, dass das Leben nach dem Tod besser ist.

Zusammenfassend betrachtet lässt sich feststellen, dass das Gedicht ganz im Sinne des Barocks steht, der auf mehr Effekt und weniger auf Inhalt ausgerichtet war. Ebenso werden der Vanitasgedanke und das Carpe Diem-Motiv sehr deutlich. Das Gedicht ist logisch aufgebaut, was auf die poetischen Regeln von Opitz hinweist. Die Thematik des Verfalls im Alter hat Gegenwartsbezug und wird es auch in Zukunft haben. Jedoch verbessern sich medizinische Bedingungen. So kann man mit kosmetischen Mitteln das wirkliche Alter gut verstecken. Dennoch ist das Schönheitsideal wie zu Zeiten des Barock, bis heute der junge Mensch geblieben.

Der Inhalt des Gedichtes ist recht eingeschränkt oder trifft nur wenige Aussagen. So kann man das gesamte Gedicht letztlich auf eine Aussage reduzieren: Der Esprit der Jugend muss genutzt werden, da er und die Schönheit mit höher werdendem Alter vergehen.

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