Arm in Arm und Kron an Krone steht der Eichenwald verschlungen von Gottfried Keller

Arm in Arm und Kron an Krone steht der Eichenwald verschlungen,
heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen.
 
Fern am Rande fing ein junges Bäumchen an sich sacht zu wiegen,
und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen;
 
kam es her in mächtgem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen,
hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen.
 
Und nun sang und pfiff es graulich in den Kronen, in den Lüften,
und dazwischen knarrt und dröhnt es unten in den Wurzelgrüften.
 
Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft allein,
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donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine!
 
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Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen;
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alles Laub war weißlich schimmernd nach Nordosten hingestrichen.
 
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Also streicht die alte Geige Pan der Alte laut und leise,
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unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise.
 
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In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf un nieder,
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in den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder.
 
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Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken,
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kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodien trinken.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Arm in Arm und Kron an Krone steht der Eichenwald verschlungen“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
183
Entstehungsjahr
1819 - 1890
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Gottfried Keller, einem schweizer Dichter und Schriftsteller, der von 1819 bis 1890 lebte. Kellers Schaffenszeit fällt in die Epoche des Realismus, wobei er auch Elemente der Romantik in seine Werke einfließen ließ.

Beim ersten Eindruck hinterlässt das Gedicht einen starken Eindruck von Naturverbundenheit. Es scheint eine enge Interaktion zwischen dem lyrischen Ich und der Natur zu geben. Als Leser kann man förmlich den Wind im Eichenwald hören und das Wiegen der Bäume sehen.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht eine Begegnung des lyrischen Ichs mit einem Eichenwald. Dieser scheint lebendig zu sein und singt dem lyrischen Ich ein altes Lied vor. Der Wald ist dabei nicht passiv, sondern agiert und interagiert mit der Umgebung. Er reagiert auf den Wind, der durch die Wipfel und Wurzeln pfeift und dröhnt. Das Ganze wird mit dem Bild einer wilden Meeresbrandung verglichen. In den letzten Strophen scheint der Wald, in Personifizierung des mythologischen Pan, Lebensweisheiten zu vermitteln, die das lyrische Ich und die „jungen Dichter und Finken“ aufnehmen.

Das Gedicht besteht aus neun Strophen mit jeweils zwei Versen. Die Sprache ist bildreich und metaphorisch, um die Interaktion zwischen dem lyrischen Ich und der Natur zu intensivieren. Dabei verwendet Keller eine sehr musikalische Sprache, das „Singen“ des Waldes und das „Pfeifen“ des Windes sind wiederkehrende Motive. Die Musikalität wird auch durch den Einsatz von Alliterationen („Arm in Arm“, „Krone an Krone“) und Assonanzen (beispielsweise das wiederholte Auftauchen des „ei„-Lautes) unterstützt. Die Metapher der „alten Geige Pan“ zeigt, dass der Wald als Lehrer und Weiser angesehen wird, der den Dichtern und Finken die „Melodien“, also die Weisheiten der Welt, beibringt.

In Summe könnte man das Gedicht als Ausdruck der engen Verbundenheit zwischen Mensch und Natur interpretieren. Der Wald wird dabei als Ort der Inspiration und des Lernens präsentiert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Arm in Arm und Kron an Krone steht der Eichenwald verschlungen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Gottfried Keller. 1819 wurde Keller in Zürich geboren. Zwischen den Jahren 1835 und 1890 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Realismus zuordnen. Bei Keller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 183 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Der Dichter Gottfried Keller ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Zeit geht nicht“, „Die kleine Passion“ und „Die Entschwundene“. Zum Autor des Gedichtes „Arm in Arm und Kron an Krone steht der Eichenwald verschlungen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 48 Gedichte veröffentlicht.

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