In der Stadt von Gottfried Keller
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Wo sich drei Gassen kreuzen, krumm und enge, |
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Drei Züge wallen plötzlich sich entgegen |
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Und schlingen sich, gehemmt auf ihren Wegen, |
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Zu einem Knäul und lärmenden Gedränge. |
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Die Wachparad' mit grellen Trommelschlägen, |
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Ein Brautzug kommt mit Geigen und Gepränge, |
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Ein Leichenzug klagt seine Grabgesänge; |
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Das alles stockt, kein Glied mehr kann sich regen. |
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Verstummt sind Geiger, Pfaff' und Trommelschläger; |
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Der dicke Hauptmann flucht, daß niemand weiche, |
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Gelächter schallet aus dem Freudenzug. |
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Doch oben, auf den Schultern schwarzer Träger, |
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Starrt in der Mitte kalt und still die Leiche |
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Mit blinden Augen in den Wolkenflug. |
Details zum Gedicht „In der Stadt“
Gottfried Keller
4
14
93
1819 - 1890
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „In der Stadt“ wurde von Gottfried Keller verfasst, einem bedeutenden deutschsprachigen Dichter des Realismus, der von 1819 bis 1890 lebte. Es fällt somit in das 19. Jahrhundert, eine Epoche, die von gesellschaftlichen Veränderungen und urbaner Entwicklung geprägt war.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie eine lebhafte, doch chaotische Szenerie einer Stadt. Inhaltlich wird das Bild einer Straßenkreuzung dargestellt, an der sich drei unterschiedliche Züge - eine Wachparade, ein Brautzug und ein Leichenzug - treffen und zu einem pulsierenden Durcheinander verschmelzen. Die verschiedenen Gruppen stocken und der Tumult sowie der Lärm nehmen ein abruptes Ende. Markant ist hier die Präsenz von Leben und Tod – symbolisiert durch das Brautpaar und den Leichnam –, die auf der Straße aufeinanderprallen.
Das lyrische Ich scheint den Leser in die chaotischen und gesichtslosen Aspekte des Stadtlebens einzuführen. Es zeigt auf, dass sich trotz der Enge und des Lärms der Stadt, der individuelle Kreislauf von Leben, Freude, Tod und Trauer unaufhaltsam fortsetzt.
Die Form des Gedichts besteht aus vier Strophen unterschiedlicher Länge, wobei die ersten beiden jeweils vier Verse und die letzten beiden jeweils drei haben. Es wird ein Reim verwendet, der den Ablauf in der Stadt und die verschiedenen Ereignisse, die gleichzeitig stattfinden, rhythmisch spiegelt.
Die Sprache ist klar und beschreibend, aber mit starken Kontrasten: vom grellen Schlag der Trommeln zur Stille, vom lärmenden Gedränge zum kühlen, starren Blick der Leiche. Diese Kontraste intensivieren die Atmosphäre des Gedichts und vermitteln ein eindringliches Bild vom Leben in der Stadt und von den unausweichlichen Zyklen von Leben und Tod.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „In der Stadt“ des Autors Gottfried Keller. Geboren wurde Keller im Jahr 1819 in Zürich. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1835 und 1890. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei Keller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 93 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Gottfried Keller ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendregen“, „Abendlied“ und „In der Trauer“. Zum Autor des Gedichtes „In der Stadt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 48 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Gottfried Keller sind auf abi-pur.de 48 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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