Die Steine werden zeugen von Otto Ludwig
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Der Ostermorgen lächelt, |
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Ein Bräut'gam, in die Welt, |
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Vom Frühlingsduft gefächelt |
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Steigt er aus seinem Zelt. |
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Und rings herum das Schweigen! |
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Der Wald, er steht so still; |
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Kein Blümlein sich verneigen, |
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Kein Blättchen rauschen will. |
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Im fernen Kirchlein singet |
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Die fromme Christenschar; |
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Da von den Steinen klinget |
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Das Echo wunderbar. |
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Als wenn aus Berges-Tiefen |
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Das Singen kläng' hervor, |
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Als wenn die Felsen riefen: |
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?Er lebt! er lebt!" im Chor. |
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?Er lebt! er lebt!" da lauschen |
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Die Blümlein, neigen sich, |
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Da bücket sich mit Rauschen |
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Der Wald so feierlich. |
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Und mächt'ger immer wieder: |
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?Er lebt! er lebt!" vom Stein, |
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Mir läuft ein Schauer nieder |
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Im tiefsten Mark und Bein; |
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Und denk' - und muß mich beugen |
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Was dort geschrieben ist: |
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Die Steine werden zeugen, |
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Wenn mich der Mensch vergißt. |
Details zum Gedicht „Die Steine werden zeugen“
Otto Ludwig
7
28
128
1813 - 1865
Klassik,
Romantik,
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Otto Ludwig schrieb dieses Gedicht. Ludwig lebte von 1813 bis 1865, das Gedicht ist also der Romantik zuzuordnen, einer literarischen Epoche, die etwa von 1795 bis 1848 andauerte.
Beim ersten Eindruck fällt auf, dass dieses Gedicht stark von der Natur und religiösen Elementen geprägt ist. Es besteht aus sieben Strophen, jede Strophe hat vier Verse.
Inhaltlich handelt das Gedicht vom Ostermorgen, der als Bräutigam in die Welt lächelt. Die Welt selbst ist still und die Natur lauscht der Ankunft dieses Tages. In einem entfernten Kirchlein singt eine fromme Christenschar und das Echo ertönt aus den Steinen, als ob sie verkünden würden: „Er lebt!“. Von dieser Verkündung, die in Anlehnung an den Osterglauben auf die Wiederauferstehung Christi hinweist, scheint auch die Natur gerührt zu sein.
Das lyrische Ich bringt seine innere Verfassung und seine Reaktion auf die Erweckung des Ostermorgens zum Ausdruck. Es spricht von einem eindringlichen Schauer, den es bei den Worten „Er lebt“ verspürt. Zudem scheint das lyrische Ich ein Gefühl der Vergänglichkeit und der Hoffnung auf ewige Bedeutung durch die Steinzeugnisse zu verspüren.
Formal besteht das Gedicht aus vierzeiligen Strophen mit einem durchgängigen, einfachen Kreuzreim. Das Metrum ist ein jambischer Vierheber. Die Sprache ist einfach, direkte und anschaulich, geprägt von Natur- und Religionsbildern. Im letzten Vers („Die Steine werden zeugen, / Wenn mich der Mensch vergißt.“) wird auf die Unvergänglichkeit von Stein im Gegensatz zur Vergänglichkeit des Menschen angespielt und das Thema des Ostermorgens - Auferstehung und Erlösung - auch auf das lyrische Ich selbst übertragen.
Insgesamt kann man feststellen, dass Ludwig mit diesem Gedicht die Schönheit und Mystik der Natur, die menschliche Vergänglichkeit und göttliche Ewigkeit auf eindrückliche Weise miteinander verbindet und zu einer tiefgehenden Reflexion über Leben, Tod und Auferstehung anregt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Die Steine werden zeugen“ ist Otto Ludwig. Geboren wurde Ludwig im Jahr 1813 in Eisfeld (Thüringen). In der Zeit von 1829 bis 1865 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 128 Wörter. Es baut sich aus 7 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Otto Ludwig ist auch der Autor für Gedichte wie „Herz im Wege“. Zum Autor des Gedichtes „Die Steine werden zeugen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.
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