Goya von Richard von Schaukal

Ich habe die lange schwüle Nacht
Bei einer jungen Dame verbracht:
Nun liegt sie und träumt mit offenen Lippen von meinem Nacken ...
Ich will jetzt malen, ihr sollt euch packen!
Steht nicht herum und gafft so ledern!
Sonst zerr' ich an euren Agraffenfedern
Oder kitzle eure dünnen Waden
Mit meinem Degen. Ich bin von Gottesgnaden,
Ich bin ein Grande im offnen Hemd.
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Ich liebe das Licht, das die Welt überschwemmt,
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Ich liebe ein Pferd,
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Das bäumend sich gegen den Zügel wehrt,
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Den Juden lieb' ich, den keiner bekehrt,
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Dem König lass' ich sagen, er solle
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Klopfen, wenn er mich stören wolle.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Goya“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
101
Entstehungsjahr
1874 - 1942
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Richard von Schaukal, ein österreichischer Dichter und Schriftsteller, der von 1874 bis 1942 lebte. Somit lässt sich das Gedicht zeitlich der Epoche des Übergangs vom Naturalismus zu anderen literarischen Kunstrichtungen wie dem Symbolismus oder dem Expressionismus zuordnen.

Beim ersten Lesen des Gedichts fallen sofort die direkten, aber auch humorvollen und spöttischen Äußerungen des lyrischen Ichs ins Auge. Es wird schnell klar, dass dieses Ich eine starke, individuelle Persönlichkeit mit einer provokativen Haltung gegenüber gesellschaftlichen Normen und Hierarchien repräsentiert.

Im Inhalt des Gedichts erzählt das lyrische Ich von einer durchzechten Nacht mit einer jungen Dame. Es wird aus der Perspektive eines Malers erzählt, der diese junge Dame wohl als Modell benutzt hat und nun seine Ruhe zum Malen haben möchte. Dabei zeigt er verbal seinen Unmut über die neugierigen oder bewundernden Blicke anderer, stellt seine Autorität und Individualität zur Schau und pflegt eine respektlose, rebellische Haltung gegenüber dem König.

Die ganz eigene Interpretation des lyrischen Ichs von Liebe und Individualität zeigt sich in den Versen 10 bis 13. Das lyrische Ich liebt das Licht, das die Welt überschwemmt, symbolisch für die Inspiration und Kreativität. Es liebt ein Pferd, das sich gegen den Zügel wehrt, was metaphorisch als Wertschätzung für unabhängiges, wildes und unkorrumpiertes Wesen gesehen werden kann. Und es liebt den Juden, den niemand bekehren kann, was als Wahrnehmung und Würdigung von persönlicher Unabhängigkeit und Charakterstärke gedeutet werden kann.

Form und Sprache des Gedichts sind unkonventionell und direkt. Es gibt keine strenge Einhaltung von Metrik und Reim. Der Ton ist flapsig, humorvoll, sarkastisch, manchmal beleidigend. Diese Merkmale spiegeln die rebellische, selbstsichere und eigenwillige Haltung des lyrischen Ichs wider und unterstützen die Darstellung von Individualität und Künstlertum.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Goya“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Richard von Schaukal. 1874 wurde Schaukal in Brünn geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1890 bis 1942 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 101 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 15 Versen. Weitere Werke des Dichters Richard von Schaukal sind „Tod und Liebe“, „Der Bravo“ und „An die Wanderer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Goya“ weitere 34 Gedichte vor.

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