Herodias von Richard von Schaukal

Zuerst ein Zwerg, der gleich mit frechen Fratzen
Des Geifermauls den Kreis begann zu höhnen,
Da Krausgelockte sich den Zimbeltönen
Im Gruße tief geneigt und glatte Glatzen.
 
Zwölf nackte Mädchen, knapp an steilen Brüsten
Goldene Schuppengürtel; ambrawarme,
Vor Kinn und Kehle hochgekreuzte Arme,
Die geile Blicke lüstern spähend küßten.
 
Herodias. Zwei schwarze Panther gingen
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Gelassen züngelnd schmiegsam ihr zur Seiten:
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Leis bei der schmalen Leiber weichem Gleiten
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Klirrten die Ketten in den Silberringen.
 
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An breiter Hüfte spältig das geraffte
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Silberdurchwirkte, grüne Florgewand,
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Erhob sie langsam ihre Totenhand,
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Starrend von Steinen. Wie das lusterschlaffte
 
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Schneebleiche Fleisch der Wangen unter Lidern,
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Die safranfarben schwiegen, bei der Schritte
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Erschüttern bebte, schwankte nach dem Tritte
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Der riesige Rubin vor ihren Gliedern.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Herodias“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
117
Entstehungsjahr
1874 - 1942
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Herodias“ wurde von Richard von Schaukal geschrieben, der von 1874 bis 1942 lebte. Daher stammt dieses Gedicht aus dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Der erste Eindruck des Gedichts weist auf eine Art exotische und provokante Szene hin, charakterisiert durch intensive Bildgebung und Atmosphäre.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich eine Szene, die stark von der Darstellung verschiedener Figuren geprägt ist. Beginnend mit der Figur des Zwerges, der mit frechen Gesten verspottet wird, versetzt uns der Dichter in eine Art groteske, lautstarke und schrille Umgebung. In der zweiten Strophe wird die Aufmerksamkeit auf zwölf nackte Mädchen gelenkt, deren Körper durch die Beschreibung ihres goldenen Gürtels und ihrer kreuzenden Arme erotisch sexualisiert werden. Das Herzstück des Gedichts ist jedoch die Figur der Herodias, die mit ihren schwarzen Panthern eine Art majestätisches und gleichzeitig furchterregendes Bild bietet. Herodias wird hier als exotisch, mächtig und faszinierend dargestellt. Der gesamte Kontext lässt darauf schließen, dass es sich um eine Art königliche Szenerie handeln könnte.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen, die jeweils aus vier Versen bestehen. Die Sprache des Gedichts ist reich an Bildern und Metaphern, die einerseits eine gewisse Atmosphäre von Exotik und Sinnlichkeit erzeugen und andererseits auch eine scharfe Grenze zwischen der grotesken und düsteren Realität und der faszinierenden Anziehungskraft der Hauptfigur ziehen.

Bei der Analyse der Aussagen des lyrischen Ichs können wir feststellen, dass es den Leser in eine surreale und groteske Welt zieht, die sowohl abschreckend als auch faszinierend ist. Der Zwerg und die nackten Mädchen stellen möglicherweise Varianz und Abweichung von den Normen dar, während Herodias als das Sinnbild der Macht, der Kontrolle und der Faszination steht. Sie ist die zentrale Figur, um die sich alles dreht und auf die alle Blicke gerichtet sind. Sie ist auch das Symbol für Exotik und Verbotenes, was ihre Anziehungskraft noch erhöht.

Insgesamt vermittelt das Gedicht durch seine Form und Sprache eine intensive Atmosphäre von Adaptivität, Sexualität und Macht, die durch die Hauptfigur der Herodias noch verstärkt wird. Die absurden und grotesken Figuren im Vergleich zur majestätischen und faszinierenden Herodias stellen möglicherweise eine metaphorische Darstellung von Machtverhältnissen, gesellschaftlicher Hierarchie und der kontroversen Faszination für das Andersartige und Provozierende dar.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Herodias“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Richard von Schaukal. Geboren wurde Schaukal im Jahr 1874 in Brünn. Im Zeitraum zwischen 1890 und 1942 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus, Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 117 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere Werke des Dichters Richard von Schaukal sind „Der Bravo“, „An die Wanderer“ und „Raub“. Zum Autor des Gedichtes „Herodias“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 34 Gedichte vor.

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