Heine, Heinrich - Anno 1839 (Gedichtinterpretation)

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Heinrich Heine, Gedichtanalyse, Interpretation, Referat, Hausaufgabe, Heine, Heinrich - Anno 1839 (Gedichtinterpretation)
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Referat

Heinrich Heine: Anno 1839 (Gedichtinterpretation)

Anno 1839
von Heinrich Heine

Oh, Deutschland, meine ferne Liebe,
Gedenk ich deiner, wein ich fast!
Das muntre Frankreich scheint mir trabe,
Das leichte Volk wird mir zur Last.
 
Nur der Verstand, so kalt und trocken,
Herrscht in dem witzigen Paris
Oh, Narrheitsglöcklein, Glaubensglocken,
Wie klingelt ihr daheim so süß!
 
Höfliche Männer! Doch verdrossen
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Geb ich den art'gen Gruß zurück.
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Die Grobheit, die ich einst genossen
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Im Vaterland, das war mein Glück!
 
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Lächelnde Weiber! Plappern immer,
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Wie Mühlenräder stets bewegt!
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Da lob ich Deuschlands Frauenzimmer,
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Das schweigend sich zu Bette legt.
 
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Und alles dreht sich hier im Kreise,
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Mit Ungestüm, wie 'n toller Traum!
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Bei uns bleibt alles hübsch im Gleise,
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Wie angenagelt, rührt sich kaum.
 
21 
Mir ist, als hört' ich fern erklingen
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Nachtwächterhörner, sanft und traut;
23 
Nachtwächterlieder hör ich singen,
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Dazwischen Nachtigallenlaut.
 
25 
Dem Dichter war so wohl daheime,
26 
In Schildas teurem Eichenhain!
27 
Dort wob ich meine zarten Reime
28 
Aus Veilchenduft und Mondenschein.

(„Anno 1839“ von Heinrich Heine ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24.9 KB) zur Unterstützung an.)

Das Gedicht „Anno 1839“ von Heinrich Heine, welches aus sieben Strophen und 28 Versen besteht, behandelt zwei Themen. Es stellt sowohl eine Kritik an Deutschland, als auch in gewisser Weise eine Art von Liebeserklärung an das Heimatland von Heinrich Heine dar.

Heinrich Heine hat das Gedicht auf eine interessante Art aufgebaut, indem er von der ersten bis zur fünften Strophe immer mithilfe von zwei Versen Deutschland und mit zwei weiteren Versen Frankreich verglichen hat. Beispielsweise beginnt das Gedicht mit zwei Versen über Deutschland woraufhin zwei Verse über Frankreich folgen. In den nächsten vier Strophen ist es genau umgekehrt, also Frankreich hat immer die ersten beiden Verse in den gegebenen Strophen, was auch schon die Rangplatzierung erahnen lässt. An dieser Stelle lässt sich behaupten, dass Frankreich über Deutschland steht. Die letzten beiden Strophen handeln jedoch nur über Deutschland – nach dem Deutschland, wonach er sich sehnt.

In der ersten Strophe zeigt Heine uns seine Sehnsucht nach Deutschland, denn wenn er sogar nur an seine alte Heimat denkt, schreibt er: „wein ich fast!“ (V.2). Außerdem beschwert er sich über Frankreich, denn das Volk sei ihm zu munter und zu leicht (vgl. V. 3-4).

Allgemein hat man im Verlauf des Gedichts das Gefühl, dass er sich über die Franzosen beschwert, jedoch habe ich die Vermutung, dass Heine es selbst nicht so ernst meint, denn eigentlich würde ich persönlich die folgenden Eigenschaften wertschätzen. Zum einen schreibt er, dass sie einen kalten Verstand (vgl. V. 5) haben, zum anderen sind ihm die Männer zu höflich (vgl. V. 9) oder auch die Frauen stören ihn, weil sie immer plappern (vgl. V. 13).

Wenn wir seine Worte als ironisch vernehmen, verspottet bzw. kritisiert er die Deutschen im Gegensatz zu Frankreich, indem er sie als dümmlich, lächerlich oder vielleicht auch sogar als grotesk ansieht im Vergleich zu Frankreich (vgl. V. 5-8). Außerdem sind die Deutschen eher unhöflich, grob (vgl. V. 11) und auch träge und langweilig (vgl. V. 19-20).

In den letzten beiden Strophen schreibt Heine, wonach er sich sehnt und zwar nach den „Nachtwächterhörner“ (V. 22), nach den „Nachtwächterlieder“ (V. 23) oder auch nach den „Nachtigallen“ (V. 24), dem „teurem Eichenhain“ (V. 26) und dem „Veilchenduft und Mondschein“ (V. 28). Wir erfahren hier also, wie Heine sich sein typisches Deutschland vorstellt.

Zusammengefasst erkennen wir, dass Heine Deutschland stark kritisiert, während Frankreich von den Eigenschaften her als eine Art „Vorbild“ angesehen werden kann. Durch die Art und Weise wie er das Gedicht verfasst hat, lässt sich die harte Kritik an Deutschland erst nach dem zweiten oder dritten Mal lesen herauskristallisieren und die Beschwerden in Bezug auf Frankreich entsprechen nicht diesen, wie man es zunächst gedacht hat. Doch trotz alledem, wie sehr Heine sich über sein Heimatland beschwert, vermisst er es zugleich, was in seinen Augen vielleicht sogar als lächerlich erscheinen vermag. All die typisch deutschen Eigenschaften, die er früher verpönt hat, vermisst er jetzt, weshalb er das Gedicht größtenteils ironisch meint.

Aus diesen genannten Gründen vertrete ich die Ansicht, dass Heine sowohl Kritik an Deutschland ausübt, als auch auf diese Weise eine Art von Liebeserklärung an sein Land schreibt, egal wie paradox es scheint.

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