Heine, Heinrich - Nachtgedanken (Gedichtanalyse)

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Heinrich Heine, Gedichtanalyse, Interpretation, Gedichtinterpretation, Referat, Hausaufgabe, Heine, Heinrich - Nachtgedanken (Gedichtanalyse)
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Referat

Gedicht „Nachtgedanken“ von Heinrich Heine

Nachtgedanken
von Heinrich Heine

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Thränen fließen.
 
Die Jahre kommen und vergehn!
Seit ich die Mutter nicht gesehn,
Zwölf Jahre sind schon hingegangen;
Es wächst mein Sehnen und Verlangen.
 
Mein Sehnen und Verlangen wächst.
10 
Die alte Frau hat mich behext,
11 
Ich denke immer an die alte,
12 
Die alte Frau, die Gott erhalte!
 
13 
Die alte Frau hat mich so lieb,
14 
Und in den Briefen, die sie schrieb,
15 
Seh’ ich wie ihre Hand gezittert,
16 
Wie tief das Mutterherz erschüttert.
 
17 
Die Mutter liegt mir stets im Sinn.
18 
Zwölf lange Jahre floßen hin,
19 
Zwölf lange Jahre sind verflossen,
20 
Seit ich sie nicht an’s Herz geschlossen.
 
21 
Deutschland hat ewigen Bestand,
22 
Es ist ein kerngesundes Land,
23 
Mit seinen Eichen, seinen Linden,
24 
Werd’ ich es immer wiederfinden.
 
25 
Nach Deutschland lechzt’ ich nicht so sehr,
26 
Wenn nicht die Mutter dorten wär’;
27 
Das Vaterland wird nie verderben,
28 
Jedoch die alte Frau kann sterben.
 
29 
Seit ich das Land verlassen hab’,
30 
So viele sanken dort in’s Grab,
31 
Die ich geliebt – wenn ich sie zähle,
32 
So will verbluten meine Seele.
 
33 
Und zählen muß ich – Mit der Zahl
34 
Schwillt immer höher meine Qual,
35 
Mir ist als wälzten sich die Leichen
36 
Auf meine Brust – Gottlob! sie weichen!
 
37 
Gottlob! durch meine Fenster bricht
38 
Französisch heit’res Tageslicht;
39 
Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,
40 
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.

(„Nachtgedanken“ von Heinrich Heine ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (26.7 KB) zur Unterstützung an.)

In dem Gedicht Nachtgedanken von Heinrich Heine, welches 1843 verfasst und im Jahr 1844 veröffentlicht wurde, geht es darum, dass das lyrische Ich Sehnsucht nach seiner Mutter hat, die in Deutschland lebt. Er hat sie 12 Jahre lang nicht gesehen, denn zu dieser Zeit verließ er Deutschland, um seine verbotenen Werke in Frankreich zu veröffentlichen. Zudem beschreibt er auch die politische Lage bezüglich seines Heimatlandes.

Heine gilt als eine der bedeutendsten Dichter des 19. Jahrhunderts. Während seiner Schulzeit, ab 1803, verfasste er bereits regelmäßig Gedichte und widmete dem, mehr Aufmerksamkeit als dem Tuchhandel seines Vaters. 1821 besuchte er dann die Berliner Universität und besuchte Vorlesungen zur Geschichte der deutschen Sprache. In dem Jahr publizierte er auch sein erstes Lyrikband „Gedichte“. Zwei Jahre später beginnt er dann politisch-kritische Gedichte zu verfassen. Durch die Pressezensur verließ er letztendlich Deutschland und ging allein nach Frankreich. Zudem ist er als Religionskritiker bekannt.

Obwohl er aus Karrieregründen in das Christentum konvertierte, ist er sein Leben lang kein streng gläubiger Mensch. Aufgrund der zeitlichen Einordnung sowie der inhaltlichen Thematik lässt sich das hier vorliegende Werk dem Vormärz zuordnen, einer Literaturepoche im Zeitraum zwischen der Julirevolution in Frankreich 1830 und der Märzrevolution 1848. Das Gedicht ist in 10 Strophen aufgeteilt mit jeweils 4 Versen und ist überwiegend im Trochäus verfasst, jedoch kommen auch einige Male der Jambus und der Daktylus vor. Zudem weist das Gedicht auf einen regelmäßigen Paarreim auf.

In der ersten Strophe wird durch den Trochäus die Trauer des Dichters verstärkt. Die Strophe beginnt mit der populären Anapher Heines „Denk ich an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ (V. 1-2) Hier wird deutlich, dass Heine ungern nach Frankreich gezogen ist und trotz seines Verbotes für Deutschland eine emotionale Bindung empfindet. Dies wird auch durch den Paarreim „(…) Augen schließen.“ und „(…)Tränen fließen.“ (V. 3-4) betont.

Die darauffolgenden 4 Strophen befassen sich inhaltlich mit der Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Heine beschreibt in der 2. Strophe die Sehnsucht, die er für seine Mutter verspürt. Zudem beschreibt er hier die vielen Jahre, die zwischen Mutter und Sohn verblieben sind. „Die Jahre kommen. Und vergehn! Seit ich die Mutter nicht gesehen,(…)“ (V. 5-6). Die Sehnsucht, die er verspürt, wird durch den Paarreim „Jahre sind schon hingegangen (…)“ und „mein Sehen und Verlangen.“ (V. 7-8) verdeutlicht.

In der dritten Strophe wird die Sehnsucht Heines ebenfalls bestärkt „mein sehen und verlangen Wächst.“ (V. 9) und im letzten Vers der Strophe betet er für seine Mutter. „die alte Frau, die Gott erhalte!“ (V. 12). Heine betet hier zu Gott für seine Mutter, da sie
schon alt ist und er sie bereits 12 Jahre nicht gesehen hat. Dies wird deutlich durch „die alte Frau“ (V. 12).

Es folgt die 4. Strophe, die darum handelt, dass die Mutter einen Brief schrieb und er durch die Schrift erkennt, dass sie ihn vermisst. Dies wird verstärkt durch (V. 15) „(…)wie ihre Hand gezittert, wie tief das Mutterherz erschüttert.“

In der 5 und vorletzten Strophe, die von der Mutter handelt, wiederholt der Dichter, dass er seine Mutter 12 Jahre nicht gesehen hat und er Sehnsucht nach ihr hat. Deutlich wird dies, durch die Wiederholung und gleichzeitige Anapher „Zwölf lange
Jahre“ (V. 19) und dem Reim „liegt mir stets im Sinn. (…) Jahre flossen hin.“ (V. 17)

Anschließend wendet sich Heine nun ab der 5 Strophe von seiner Mutter ab und erzählt über die Situation bezüglich Deutschland. Ausgeschlossen von der siebten Strophe, wo er dann wieder seine Mutter aufgreift.

In der 6 Strophe beschreibt Heine seine Gefühle bezüglich Deutschland und seinen Erinnerungen, die in ihm geweckt werden, wenn er an Deutschland denkt.

Deutlich wird dies durch (V. 23-24) „mit seinen Eichen, seinen Linden, werd´ ich es immer wiederfinden.“ Mit diesen Beispielen, die er gibt, erkennt man, dass der Dichter vorwiegend die Bäume mit Deutschland in Beziehung bringt und dass in seiner Vorstellung Deutschland immer so bleiben wird, wie er es gewohnt ist. Da er jedoch in Frankreich lebt, hat er eine andere Sichtweise, welche er in dieser Strophe beschreibt.

In der darauffolgenden 7. Strophe erwähnt der wieder seine Mutter und dass sie die einzige ist, die ihn noch an Deutschland denken lässt. Heine verspürt keine weitere Verbundenheit zu Deutschland mehr nach seiner Verbannung aus Deutschland. Jedoch ist seine Mutter noch dort, die ihn davon abhält, die Beziehung zu seinem Vaterland in jeder Hinsicht aufzugeben. Dies wird verstärkt durch (V. 25-26) „Nach Deutschland lechzt’ ich nicht so sehr, Wenn nicht die Mutter dorten wär“.

In der 8. Strophe erwähnt der Dichter wieder sein Vaterland und die vielen Menschen, die dort durch den Krieg ihr Leben verloren haben. „So viele sanken dort ins Grab.“ (V. 30). Zudem verdeutlicht er seine Trauer mit einer Metapher (V. 32) „wenn ich sie zähle, So will verbluten meine Seele.“ Mit dieser Metapher möchte Heine seine Gefühle ausdrücken und beschreibt seine Trauer, die er zu seinen Geliebten verspürt.

In der 9. Strophe möchte Heine abermals auf die vielen Menschen, die ums Leben gekommen sind, aufgreifen. Er verstärkt erneut mit den Worten „zählen muss ich“ und „mit der Zahl schwillt immer höher meine Qual.“ (V. 33), dass es sehr viele geliebte Menschen waren, die er verloren hat. Zudem verspürt er auch einen Schmerz, wenn er an sie denkt. „Mir ist als wälzten sich die Leichen, Auf meine Brust – Gottlob! sie weichen!“ (V. 36). Mit dieser Metapher stützt Heine seine Schuldgefühle und hebt sie noch einmal hervor.

In der 10. und letzten Strophe ist der Dichter wieder mit seinen Gedanken in Frankreich und genießt das schöne Wetter, was er in Frankreich hat. „Durch mein Fenster bricht, Französisch heiteres Tageslicht“ (V. 38). Damit will Heine auch seine Situation mit der in Deutschland Hinterbliebenen vergleichen. Er erwähnt zuerst in der vorherigen Strophe das vergangene Leben der Menschen in Deutschland und erwähnt anschließend dann sein gutes Leben, das er nun in Frankreich führt. Dies verdeutlicht er auch durch die Worte „kommt mein Weib“ und „lächelt fort die Deutschen Sorgen.“ (V. 42) Hier bestärkt er erneut, dass sein „Weib“ und das gute Leben, dass er in Frankreich führt, der Grund dafür seien, dass er sorgenfrei ist.

In dem Gedicht „Nachtgedanken“ von Heinrich Heine, erzählt der Dichter über seine Mutter und seinem Vaterland, das er verlassen musste, da er seine Werke dort nicht veröffentlichen durfte. Man erkennt, dass dieses Gedicht zur Zeit des Vormärz zuzuordnen ist, da er sich auch oft auf die im Krieg hinterbliebenen toten Menschen in Deutschland bezieht. Zudem erkennt man auch seine Schuldgefühle und Trauer, die er verspürt, bezüglich seiner Geliebten. Hauptsächlich bezieht er sich in dem Gedicht aber auf seine geliebte Mutter, die er 12 Jahre lang nicht gesehen hat. Seine Sehnsucht nach ihr vermittelt er mit Metaphern und Worten wie „Die Mutter liegt mir stets im Sinn“ oder „Es wächst mein Sehen und Verlangen.“

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