Der Eislauf von Friedrich Gottlieb Klopstock

1	Vergraben ist in ewige Nacht
2	Der Erfinder großer Name zu oft!
3	Was ihr Geist grübelnd entdeckt, nutzen wir;
4	Aber belohnt Ehre sie auch?
5	Wer nannte dir den kühneren Mann,
6	Der zuerst am Maste Segel erhob?
7	Ach, verging selber der Ruhm dessen nicht,
8	Welcher dem Fuß Flügel erfand!
9	Und sollte der unsterblich nicht sein,
10	Der Gesundheit uns und Freuden erfand,
11	Die das Roß mutig im Lauf niemals gab,
12	Welche der Reihn selber nicht hat?
13	Unsterblich ist mein Name dereinst!
14	Ich erfinde noch dem schlüpfenden Stahl
15	Seinen Tanz! Leichteres Schwungs fliegt er hin,
16	Kreiset umher, schöner zu sehn.
17	Du kennest jeden reizenden Ton
18	Der Musik, drum gib dem Tanz Melodie!
19	Mond und Wald höre den Schall ihres Horns,
20	Wenn sie des Flugs Eile gebeut.
21	O Jüngling, der den Wasserkothurn
22	Zu beseelen weiß, und flüchtiger tanzt,
23	Laß der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir,
24	Wo des Krystalls Ebne dir winkt!
25	Sein Licht hat er in Düfte gehüllt,
26	Wie erhellt des Winters werdender Tag
27	Sanft den See! Glänzenden Reif, Sternen gleich,
28	Streute die Nacht über ihn aus.
29	Wie schweigt um uns das weiße Gefild!
30	Wie ertönt vom jungen Froste die Bahn!
31	Fern verrät deines Kothurns Schall dich mir,
32	Wenn du dem Blick, Flüchtling, enteilst.
33	Wir haben doch zum Schmause genung
34	Von des Halmes Frucht? und Freuden des Weins?
35	Winterluft reizt die Begier nach dem Mahl;
36	Flügel am Fuß reizen sie mehr!
37	Zur Linken wende du dich, ich will
38	Zu der Rechten hin halbkreisend mich drehn;
39	Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen
40	siehst:
41	Also! nun fleug schnell mir vorbei!
42	So gehen wir den schlängelnden Gang
43	An dem langen Ufer schwebend hinab.
44	Künstle nicht! Stellung, wie die, lieb ich nicht,
45	Zeichnet dir auch Preisler nicht nach.
46	Was horchst du nach der Insel hinauf?
47	Unerfahrne Läufer tönen dort her!
48	Huf und Last gingen noch nicht übers Eis,
49	Netze noch nicht unter ihm fort.
50	Sonst späht dein Ohr ja alles; vernimm,
51	Wie der Todeston wehklagt auf der Flut!
52	O, wie tönts anders, wie hallts, wenn der Frost
53	Meilen hinab spaltet den See!
54	Zurück! laß nicht die schimmernde Bahn
55	Dich verführen, weg vom Ufer zu gehn!
56	Denn, wo dort Tiefen sie deckt, strömts vielleicht,
57	Sprudeln vielleicht Quellen empor.
58	Den ungehörten Wogen entströmt,
59	Dem geheimen Quell entrieselt der Tod.
60	Glittst du auch leicht, wie dies Laub, ach, dorthin,
61	Sänkest du doch, Jüngling, und stürbst!

Details zum Gedicht „Der Eislauf“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Eislauf“ wurde von Friedrich Gottlieb Klopstock geschrieben, einem deutschen Dichter der Aufklärung und Frühromantik, der von 1724 bis 1803 lebte.

Bei der ersten Lektüre strahlt das Gedicht ein Gefühl von Bewunderung und Respekt für den unbekannten Erfinder des Eislaufens aus. Zugleich spiegelt es eine tiefgreifende Wertschätzung für die Freiheit und Freude wider, die das Eislaufen vermittelt. Des Weiteren wirft das Gedicht auch Fragen nach Unvergänglichkeit und Sterblichkeit auf.

Inhaltlich fokussiert sich das lyrische Ich auf die Wertschätzung und Bedeutung von Innovation und Erfindungsreichtum, wobei es den Eislauf als Ausdruck von Freiheit und Freude zu genießen scheint. Im ersten Teil des Gedichts betont das lyrische Ich, wie Erfindungen dazu beitragen, unser Leben zu verbessern, obwohl die Namen der Erfinder oft in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig stellt es die Frage, ob Ehre eine angemessene Belohnung für Erfinder ist. Es folgt eine Reflexion über das Vergessen des Erfinders des Segels und desjenigen, der „dem Fuß Flügel erfand“ (Eislaufschuhe). Im weiteren Verlauf des Gedichts wird das lyrische Ich jedoch immer selbstzufriedener, behauptend, dass sein eigener Name unsterblich sei.

In Bezug auf die Sprache und Form des Gedichts ist zu bemerken, dass das Gedicht rhythmisch und melodisch ist und die spezifische Struktur von 15 Vierzeilern und einer Fünfzeiler hat. Die Sprache ist geprägt von eindrucksvollen Metaphern und poetischen Bildern, die den Eindruck von Bewegung und Geschwindigkeit erwecken und dem Leser so das Gefühl des Eislaufens nahebringen.

Das Gedicht „Der Eislauf“ ist ein tiefgehendes Werk, das Themen wie Innovation, Unsterblichkeit und Vergänglichkeit in einer einfallsreichen und symbolischen Sprache behandelt. Dabei bietet es vielfältige Interpretationsmöglichkeiten und besticht durch seinen lebendigen Sprachgestus und seine poetische Tiefe.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Eislauf“ des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Der Autor Friedrich Gottlieb Klopstock wurde 1724 in Quedlinburg geboren. Zwischen den Jahren 1740 und 1803 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Bei dem Schriftsteller Klopstock handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 386 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 61 Versen mit insgesamt 15 Strophen. Weitere Werke des Dichters Friedrich Gottlieb Klopstock sind „Die Wahl“, „Die Waage“ und „Sie“. Zum Autor des Gedichtes „Der Eislauf“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.

Das Video mit dem Titel „Friedrich Gottlieb Klopstock Der Eislauf“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

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