Der Bach von Friedrich Gottlieb Klopstock

Bekränzt mein Haar, o Blumen des Hains,
Die am Schattenbach des bardischen Quells
Nossa's Hand sorgsam erzog, Braga mir
Brachte, bekränzt, Blumen, mein Haar!
 
Es wendet nach dem Strome des Quells
Sich der Lautenklang des wehenden Bachs.
Tief, und still strömet der Strom; tonbeseelt.
Rauschet der Bach neben ihm fort.
 
Inhalt, den volle Seel', im Erguß
10 
Der Erfindung, und der innersten Kraft,
11 
Sich entwirft, strömet; allein lebend muß,
12 
Will es ihm nahn, tönen das Wort.
 
13 
Wohllaut gefällt, Bewegung noch mehr;
14 
Zur Gespielin kohr das Herz sie sich aus.
15 
Diesem säumt, eilet sie nach; Bildern folgt,
16 
Leiseres Tritts, ferne sie nur.
 
17 
So säumet, und so eilt sie nicht nur:
18 
Auch empfindungsvolle Wendung beseelt
19 
Ihr den Tanz, Tragung, die spricht, ihr den Tanz,
20 
All ihr Gelenk schwebt in Verhalt.
21 
Mir gab Siona Sulamith schon
22 
An der Palmenhöh den röthlichen Kranz
23 
Sarons. Ihr weiht' ich zuerst jenen Reihn,
24 
Welcher im Chor hallt des Triumphs,
 
25 
Nun rufet seinen Reihen durch mich
26 
In der Eiche Schatten Braga zurück.
27 
Hüllte nicht daurende Nacht Lieder ein,
28 
Lyrischen Flug, welchem die Höhn
 
29 
Des Lorberhügels horchten; o schlief'
30 
In der Trümmer Graun Alzäus nicht selbst:
31 
Rühmt' ich mich kühneres Schwungs, töne, stolz
32 
Rühmt' ichs, uns mehr Wendung fürs Herz,
 
33 
Als Tempe's Hirt vom Felsen vernahm!
34 
Und der Kämpfer Schaar in Elis Gefild!
35 
Als mit Tanz Sparta zur Schlacht eilend! Zeus
36 
Aus des Altars hohem Gewölk!
 
37 
Der große Sänger Ossian folgt
38 
Der Musik des vollen Baches nicht stets.
39 
Taub ihm, zählt Galliens Lied Laute nur!
40 
Zwischen der Zahl, schwankt und dem Maaß,
 
41 
Der Britte; selbst Hesperien schläft!
42 
O sie wecke nie die Sait' und das Horn
43 
Braga's auf! Flögen sie einst deinen Flug,
44 
Schwan des Glasoor; neidet' ich sie!
 
45 
Nachahmer, wie Nachahmer nicht sind,
46 
Du erwecktest selbst, o Flakkus, sie nicht!
47 
Graue Zeit währet' ihr Schlaf! O, er währt
48 
Immer, und ich neide sie nie!
 
49 
Schon lange maß der Dichter des Rheins
50 
Das Getön des starken Liedes dem Ohr;
51 
Doch mit Nacht decket' Allhend ihm sein Maaß,
52 
Daß er des Stabs Ende nur sah.
 
53 
Ich hab' ihn heller blitzen gesehn
54 
Den erhabnen, goldnen, lyrischen Stab!
55 
Kränze du, röthlicher Kranz Sarons, mich!
56 
Winde dich durch, Blume des Hains.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (28.1 KB)

Details zum Gedicht „Der Bach“

Anzahl Strophen
13
Anzahl Verse
56
Anzahl Wörter
357
Entstehungsjahr
1724 - 1803
Epoche
Empfindsamkeit

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Bach“ stammt von Friedrich Gottlieb Klopstock, einem der bekanntesten deutschen Dichter der Aufklärung. Der gebürtige Quedlinburger lebte von 1724 bis 1803 und gilt als eine prägende Figur der deutschen Literatur dieser Zeit.

Das lyrische Ich spricht die Naturgeister an, bittet es, seine Haare mit Blumen zu schmücken und den Klang des Bachs zu hören. Es scheint, als sei das lyrische Ich Teil einer bezaubernden natürlichen Szenerie, die Bestandteil einer heidnischen Ritualszene ist. Die inhaltliche Tiefe des Gedichts ergibt sich aus dem bildhaften Sprachgebrauch und den Verweisen auf mythische und biblische Charaktere, Symbole und Landschaften.

Klopstock verwendet komplexe Bilder, die auf Kenntnisse der nordischen und griechischen Mythologie sowie der Bibel zurückgreifen. Der Dichter spielt auf verschiedene kulturelle und literarische Diskurse an, indem er verschiedene Bilder und allegorische Konzepte verwendet, um die Schönheit, Tiefe und Macht der Poesie hervorzuheben. Das lyrische Ich scheint die Wirkung der Poesie auf die Gefühle und die Seele zu loben. Es wird die Macht der Worte und der Sprache betont, in der jedes Wort und jede Silbe zählt.

Formal ist das Gedicht in dreizehn Strophen unterteilt, mit einer wechselnden Anzahl von Versen. Sprachlich ist das Gedicht hochkomplex, mit einer intensiven und reichen Verwendung von Metaphern, Vergleichen und symbolischer Sprache. Häufig werden antike und biblische Referenzen verwendet, um komplexe Ideen und Empfindungen zu vermitteln.

Insgesamt legt „Der Bach“ den Schwerpunkt auf die enge Verbindung zwischen Poesie und Natur, den Einfluss der Poesie auf die Emotionen und die kreative Kraft, die von ihr ausgeht. Es legt nahe, dass Poesie genauso kraftvoll und beeindruckend ist wie die atemberaubende Schönheit der natürlichen Welt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Bach“ des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock. Klopstock wurde im Jahr 1724 in Quedlinburg geboren. In der Zeit von 1740 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Empfindsamkeit zuordnen. Der Schriftsteller Klopstock ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 13 Strophen und umfasst dabei 357 Worte. Der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Wahl“, „Die Waage“ und „Sie“. Zum Autor des Gedichtes „Der Bach“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Friedrich Gottlieb Klopstock und seinem Gedicht „Der Bach“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock (Infos zum Autor)

Zum Autor Friedrich Gottlieb Klopstock sind auf abi-pur.de 65 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.