Der jetzige Krieg von Friedrich Gottlieb Klopstock
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O Krieg des schöneren Lorbeers wert, |
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Der unter dem schwellenden Segel, des Wimpels |
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Fluge, |
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Jetzo geführt wird, du Krieg der edleren Helden! |
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Dich singe der Dithyrambe, der keine Kriege sang. |
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Ein hoher Genius der Menschlichkeit |
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Begeistert dich! |
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Du bist die Morgenröte |
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Eines nahenden großen Tags! |
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Europas Bildung erhebt sich |
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Mit Adlerschwunge, durch weise Zögerung |
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Des Blutvergusses, durch weisere Meidung, |
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Durch göttliche Schonung, |
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In Stunden, da den Bruder tötend, |
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Der erhabene Mensch zum Ungeheuer werden muß. |
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Denn die Flotten schweben umher auf dem Ozean, |
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Und suchen sich, und finden sich nicht. |
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Und wenn sie verweht, oder verströmt, sich endlich |
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erblicken: |
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So kämpfen sie länger als je |
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Den leichtzertrennenden Kampf |
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Um des Windes Beistand. |
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Und muß es zuletzt denn doch auch beginnen |
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Das Treffen; so schlagen sie fern. Fürchterlich brüllet |
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Ihr Donner; aber er rollt |
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Seine Tod' in das Meer. |
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Kein Schiff wird erobert, und keins, zu belastet |
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Von der hineinrauschenden Woge, versenkt, |
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Keins flammt in die Höh, und treibet, |
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Scheiter, umher über sinkenden Leichen. |
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Der Flotten, und der Schiffe Gebieter |
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Schlagen so, ohne gegebenes Wort. |
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Was brauchen sie der Worte die tiefer denkenden |
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Männer? Sie handeln! verstehen sich durch ihr |
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Handeln! |
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Erdekönigin, Europa! dich hebt, bis hinauf |
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Zu dem hohen Ziel, deiner Bildung Adlerschwung: |
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Wenn unter deinen edleren Kriegern |
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Diese heilige Schonung Sitte wird! |
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O dann ist, was jetzo beginnt, der Morgenröten |
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schönste; |
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Denn sie verkündiget |
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Einen seligen, nie noch von Menschen erlebten Tag, |
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Der Jahrhunderte strahlt. |
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Auf uns, die noch nicht wußten, der Krieg |
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Sei das zischendste, tiefste Brandmal der Menschheit! |
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Mit welcher Hoheit Blick wird auf uns herabsehn, |
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Wen die Heitre labt des goldenen Tages! |
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Warest du, Saite, wirklicher Zukunft Weissagerin? |
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Sahe der Geist, welcher dich umschwebt, |
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Göttermenschen? oder hat er vernichtungsscheue |
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Gottesleugner gesehn? |
Details zum Gedicht „Der jetzige Krieg“
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1724 - 1803
Empfindsamkeit
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der jetzige Krieg“ wurde von Friedrich Gottlieb Klopstock verfasst, einem Autor der deutschen Aufklärung und Sturm und Drang Periode. Klopstock lebte von 1724 bis 1803, aber aus dem Inhalt des Gedichts lässt sich eine nähere zeitliche Einordnung nicht eindeutig feststellen.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht feierlich, aber auch nachdenklich. Klopstock besingt einen Krieg, den er als „Krieg des schöneren Lorbeers“ und „Krieg der edleren Helden“ bezeichnet. Dabei hebt er besonders die Ideale der Menschlichkeit und der Bildung hervor.
Inhaltlich scheint das lyrische Ich allerdings einen Widerspruch festzustellen, da es hinterfragt, ob Menschen, die Krieg führen, wirkliche „Göttermenschen“ oder eher „vernichtungsscheue Gottesleugner“ sind. Es sieht den Krieg als ein „Brandmal der Menschheit“ und hofft auf einen neuen Tag, an dem es möglicherweise keinen Krieg mehr geben wird. Vermutlich geht es dabei um die ideologischen Auseinandersetzungen seiner Zeit, die auch durch Kriege ausgetragen wurden.
Formal besteht das Gedicht aus zwölf Strophen, die jeweils zwischen vier und fünf Verse umfassen. Die Worte sind oft geschwungen und bildreich, was dem Werk eine gewisse Erhabenheit verleiht. Der Stil ist charakteristisch für die Epoche der Aufklärung und den Sturm und Drang, in der starke Emotionen und individuelle Freiheit im Fokus standen.
Sprachlich verwendet Klopstock viele Metaphern und Symbolik. Der „schöne Lorbeer“ könnte dabei für Ruhm und Ehre stehen, der „Adlerschwung“ für den Höhenflug der Bildung und der „goldene Tag“ für eine hoffnungsvolle Zukunft ohne Krieg. Die „Flotten“, die umher auf dem Ozean schweben, können als Metapher für die schwierigen Suche nach Lösungen und die Komplexität der Konflikte seiner Zeit gesehen werden.
Insgesamt lässt sich Klopstocks Gedicht „Der jetzige Krieg“ also als eine Auseinandersetzung mit den idealisierten Vorstellungen von Krieg und den tatsächlichen Auswirkungen verstehen, die von Zweifel an der Menschlichkeit und Sehnsucht nach Frieden geprägt ist.
Weitere Informationen
Friedrich Gottlieb Klopstock ist der Autor des Gedichtes „Der jetzige Krieg“. Im Jahr 1724 wurde Klopstock in Quedlinburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1740 bis 1803 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Empfindsamkeit kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Klopstock ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 12 Strophen und umfasst dabei 285 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Gottlieb Klopstock sind „Sie“, „An die rheinischen Republikaner“ und „Winterfreuden“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der jetzige Krieg“ weitere 65 Gedichte vor.
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Zum Autor Friedrich Gottlieb Klopstock sind auf abi-pur.de 65 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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