Kunst und Liebe von Ferdinand Raimund

Wie, wo, - das kann ich nicht beschwören
Kurz, einmal ward mir die Vergunst,
Dem Plaudrer Eros zuzuhören,
Wie er sich aussprach über Kunst
 
Ein Schlingel ist's, ein loser, wilder,
Ein abgefeimter Schelm und Dieb!
Schön, sprach er, seien nur die Bilder,
Zu denen e r die Farben rieb.
 
Die Kunst sei s e i n Reich, sprach der Prahler.
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Denn ohne Rast und Ruh'
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Führ' er dem Dichter und dem Maler
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Die nötigen Modelle zu.
 
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Er hab' in alle Pein und Wonnen
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Die Künstlerseele eingeführt,
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Er hab' das tiefste Wort ersonnen,
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Den weichsten Farbenschmelz gerührt.
 
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Er zeige erst im wahren Lichte
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Der Schönheit ganze Macht und Pracht.
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Die besten Bilder und Gedichte,
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Kurzum, die habe e r gemacht.
 
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Soll etwa vor Apolls Gerichte
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Der Künstler einiges Geschlecht
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Den lügnerischen Wicht der Wichte
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Verklagen? - Oder - hat er recht?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Kunst und Liebe“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
140
Entstehungsjahr
1790 - 1836
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Ferdinand Raimund, ein österreichischer Schauspieler und Dramatiker, schrieb das Gedicht „Kunst und Liebe“. Er gilt als Vertreter der romantischen Biedermeierzeit, die von circa 1815 bis 1848 andauerte.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie eine Konversation oder Reflektion auf die Beziehung zwischen Kunst und Liebe, personifiziert durch den mythologischen Gott der Liebe, Eros. Durch den spaßhaften und manchmal fast sardonischen Ton lässt das Gedicht das Publikum über die Rolle von Eros in der Kunst nachdenken.

Im Gedicht spricht das lyrische Ich von einer Begegnung mit Eros, bei der dieser sich über die Kunst äußert. Eros präsentiert sich dabei als der wahre Schöpfer und Inspirator aller Kunst, sei es Malerei oder Dichtung. Er behauptet, dass ohne seine Einflussnahme Kunstwerke ihre ganze Schönheit und Macht verlieren würden und stellt sich selbst als Auftragnehmer von Künstlern dar, als derjenige, der ihnen „die nötigen Modelle“ zuführt.

Formal gesehen besteht das Gedicht aus sechs gleichmäßigen Vierzeilenstrophen, die ein leichtes Reimschema aufweisen und dem Gedicht einen flüssigen, konversationellen Ton verleihen. Die Sprache ist leicht und humorvoll, oft auch ironisch, was den Anspruch von Eros auf die Schöpferrolle in der Kunst auf eine eher ironische und spielerische Weise darstellt. Insbesondere die Darstellung von Eros als einem „Schlingel“, „loosen Wilden“ und „abgefeimten Schelm und Dieb“ unterstreicht diesen ironischen Unterton und stellt den mythologischen Gott in einem weniger respektvollen, eher komischen Licht dar.

Insgesamt scheint Ferdinand Raimund in diesem Gedicht auf witzige Weise die vielen Rollen, die die Liebe in der Kunst spielen kann, zu betrachten und zu kommentieren, indem er sie durch die Perspektive von Eros darstellt. Es wird zudem zum Nachdenken angeregt, ob Eros tatsächlich einen solchen Einfluss auf die Kunst hat und ob Künstler das Recht hätten, ihn zu verklagen - oder ob er tatsächlich „recht“ hat mit seinen Behauptungen. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, diese Fragen für uns selbst zu beantworten.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Kunst und Liebe“ des Autors Ferdinand Raimund. Raimund wurde im Jahr 1790 in Wien geboren. Zwischen den Jahren 1806 und 1836 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Raimund handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 140 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Das Gedicht „Erklärung“ ist ein weiteres Werk des Autors Ferdinand Raimund. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kunst und Liebe“ keine weiteren Gedichte vor.

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