Klarheit von Ferdinand von Saar

Oft ist mir, als säh ich niedergleiten
Die Schleier still und leise von den Dingen,
Mein Auge kann das weite All durchdringen
Und blickt zurück zum Urquell aller Zeiten.
 
Ich sehe, wie die Fäden sich bereiten,
Wie sie sich knüpfen, kreuzen und verschlingen
Und so die Tage immer näher bringen,
Die zu den unsren ernst herüberleiten.
 
Dann fühl ich mit dem Fernsten mich verwoben
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Und in mir leben jedes Einzelleben,
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Das hier geatmet und beblickt nach oben.
 
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Mein eigenes Ich, mit tiefgeheimem Beben,
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Seh ich zur Welt erweitert und erhoben
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Und mit ihr, wie ein Traum, in Nichts verschweben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Klarheit“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
99
Entstehungsjahr
1833 - 1906
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Klarheit“ ist von Ferdinand von Saar, der von 1833 bis 1906 lebte. Er war ein österreichischer Schriftsteller und gilt als Repräsentant des österreichischen Spätbiedermeiers, man kann also das Gedicht in die Epoche des Biedermeier bzw. Realismus im 19. Jahrhundert einordnen.

Beim ersten Eindruck erscheint das Gedicht als tiefgründige Reflexion über das Universum, das Leben und die persönliche Identität. Es scheint, als würde das lyrische Ich eine Art mystischen Durchbruch oder Erleuchtung erleben, in dem es ein Gefühl der Einheit und Verbindung mit dem Universum ausdrückt.

Das Gedicht beschreibt zunächst eine Art von Verständnis, das das lyrische Ich erreicht hat - es fühlt, als ob es das weite Universum durchdringen und den 'Urquell aller Zeiten' sehen kann. Es sieht, wie sich Schicksalsfäden vorbereiten, sich kreuzen und verschlingen und damit die Tage heraufbringen, die ernsthaft mit unseren verknüpft sind. Es fühlt sich mit dem entferntesten verbunden und spürt das Leben jedes Einzelwesens in sich. Das eigene Ich sieht es erweitert und erhoben zur Welt und schließlich mit ihr wie ein Traum in das Nichts verschwimmen.

Die Aussage des lyrischen Ichs zeigt seine Transformation und Erweiterung des Bewusstseins. Es drückt eine tiefe Verbundenheit und Einheit mit der Welt und allem Leben aus und sieht sich selbst als Teil eines größeren Ganzen.

Das Gedicht hat eine klare, aber dennoch komplizierte Struktur und rhythmische Schönheit. Es besteht aus vier Strophen mit 4, 4, 3 und 3 Versen entsprechend. Die Sprache ist hoch gestaltet und metaphorisch, was das Gefühl eines transzendenten Bewusstseins verstärkt. Die Verwendung von Bildern wie dem „Schleier“ sorgt für eine mystische Atmosphäre. Der Titel „Klarheit“ könnte für das erweiterte Verständnis, die Klarheit und Einsicht stehen, die das lyrische Ich erreicht hat. Darüber hinaus ist das Motiv des Fadens als Symbol für das Schicksal und die Verbindung zwischen den Dingen bemerkenswert.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Klarheit“ des Autors Ferdinand von Saar. Geboren wurde Saar im Jahr 1833 in Wien. In der Zeit von 1849 bis 1906 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Saar handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 99 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ferdinand von Saar sind „Ottilie“, „Landschaft im Spätherbst“ und „Sonntag“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Klarheit“ keine weiteren Gedichte vor.

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