Schweig und sei lieb! von Frank Wedekind
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Als du, mein Held, zum ersten Male mir |
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Im lichterfüllten Saal entgegentratest |
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Und lächelnd, fast mit kindlichem Gezier, |
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Um einen Walzer mich verlegen batest, |
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Weißt du, was in des Morgens Dämmerstunden, |
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Eh’ dich mein Traum von neuem mir verbunden |
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Ich in mein Tagebuch errötend schrieb? – |
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Schweig und sei lieb! |
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Und als du gestern mir mit raschen Schritten |
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Nachjagtest – zum Befehl ward mir dein Ruf; |
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Als Kind hätt’ ich ihn nie so streng gelitten, |
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Da stets nur Trotz er mir im Herzen schuf – |
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Ahnst du, weshalb in fieberheißem Beben, |
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Weshalb ich rettungslos dir preisgegeben, |
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Weshalb ich stracks wie angekettet blieb? – |
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Schweig und sei lieb! |
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Von Wahnsinnsstürmen ward mein Sinn umhallt, |
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Mein Stolz erstarb, der sonst so siegesfrohe … |
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Begreifst du die dämonische Gewalt, |
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Mein Held? Begreifst du, welch’ empörte Lohe, |
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Daß sie nicht sengend Herz und Hirn verzehre, |
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Mich dir mein Glück, mein Leben, meine Ehre, |
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Mich dir mein Alles hinzugeben trieb? – |
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Schweig und sei lieb! |
Details zum Gedicht „Schweig und sei lieb!“
Frank Wedekind
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154
1905
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Schweig und sei lieb!“ wurde von dem deutschen Dramatiker und Lyriker Frank Wedekind (* 24. Juli 1864, † 9. März 1918) verfasst. Er gehört zur Epoche des Naturalismus und Expressionismus, daher kann vermutet werden, dass dieses Werk zwischen dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstand.
Schon beim ersten Lesen fällt die fast mystische Atmosphäre auf, die von der sehnsüchtigen Erinnerung des lyrischen Ichs an eine vergangene Begegnung erzeugt wird. Die Anordnung des Gedichts in kreuzweise abwechselnden längeren und kürzeren Strophen sowie die konstante Wiederholung der eindringlichen Zeile „Schweig und sei lieb!“ wirken dabei besonders prägnant.
Inhaltsmäßig handelt das Gedicht von der stark emotionalen Bindung des lyrischen Ichs zu dem „Held“. Diese Gefühle scheinen durchaus ambivalent, da sie sowohl Verlangen und Respekt als auch Unterwerfung und eine gewisse Angst einschließen. Der Erzähler erinnert sich an erste aufregende Begegnungen, die trotz unsicherer oder sogar ablehnender Reaktionen das Ich nur tiefer in die Bindung hineinziehen. So stark wird der emotionale Sturm, dass das Ich schließlich alle Abwehr aufgibt und sich bereit zeigt, alles aufzugeben.
Formal folgt das Gedicht keinem strengen Reimschema, was das Gefühl von Unregelmäßigkeit und Unberechenbarkeit verstärkt. Die poetische Sprache verwendet starke Bilder wie „Wahnsinnsstürme“, „dämonische Gewalt“ und „empörte Lohe“, die die Intensität der Gefühle unterstreichen und die dramatischen emotionalen Zustände darstellen.
Zusammenfassend handelt es sich bei „Schweig und sei lieb!“ um ein eindrucksvolles lyrisches Werk voller Leidenschaft und Innerer Zerrissenheit. Der Dichter beschreibt auf intensive Weise die emotionalen Extreme einer leidenschaftlichen, vielleicht ungleichen Beziehung, in der das lyrische Ich schließlich vollkommen aufgeht.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Schweig und sei lieb!“ des Autors Frank Wedekind. Im Jahr 1864 wurde Wedekind in Hannover geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1905 zurück. Erschienen ist der Text in München. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Wedekind ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 154 Worte. Die Gedichte „An Berta Maria, Typus Gräfin Potocka“, „An Bruno“ und „An Elka“ sind weitere Werke des Autors Frank Wedekind. Zum Autor des Gedichtes „Schweig und sei lieb!“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.
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