Winterlichtwende von Herbert Eulenberg

Nun hat sich neu das Licht gewendet
und täglich steigt der Sonne Kraft,
die Leben und die Liebe spendet
und alles Irdische erschafft.
In ihrem Leuchten wandelst du
dem ewig schönen Frühling zu.
 
Ihr goldnes Auge strahlt hernieder
und weckt den Staub zur Seligkeit.
In ihrem Feueratem wieder
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entfaltet sich der Schöpfung Kleid.
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Und bald umhüllt uns die Natur
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im Reiz der grün verjüngten Flur.
 
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Bedenk es, Mensch, du gleichst den Sternen,
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aus Erde und aus Licht gemacht,
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und liebst du nicht die blauen Fernen,
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so sinkt dein Geist in finstre Nacht.
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Halt fest dein Kerzlein in der Hand,
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das wissend eine Welt umspannt!
 
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Verehrend folgen wir dem Hellen
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und wagen es beglückt zu sein.
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Will man uns unsern Stern entstellen,
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so stürzt doch nie der Glaube ein:
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Einst wird die Menschheit reif zum Heil
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und jeder nimmt am Himmel teil.
 
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Ins Licht führt unser kurzes Leben.
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Der schwarze Mond löscht es nicht aus.
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Wenn wir uns über uns erheben,
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sind wir in diesem All zu Haus -
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und zeugen uns unsterblich fort
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in edler Tat und freiem Wort.
 
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Dies Dasein diene froh dem Feuer,
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stolz lodre die Vernunft empor!
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Erkenntnis, die uns einzig teuer,
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ringt sich aus Schutt und Tod hervor.
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Lichtkinder, segnen wir die Welt,
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die Geist und Liebe sich erhellt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Winterlichtwende“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
213
Entstehungsjahr
1876 - 1949
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Winterlichtwende“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Herbert Eulenberg. Der Autor Herbert Eulenberg wurde 1876 in Mülheim am Rhein geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1892 bis 1949 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Eulenberg handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen geschichtlichen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik hatten der Erste Weltkrieg und die daraufhin folgende Entstehung und der Fall der Weimarer Republik. Bei der Neuen Sachlichkeit war der Inhalt der Texte wichtiger als die Form. Die Schriftsteller dieser Bewegung wollten mit ihren Texten möglichst viele Menschen aus allen sozialen Schichten ansprechen. Aus diesem Grund wurden die Texte in einer alltäglichen Sprache verfasst und wurden oft im Stile einer dokumentarisch-exakten Reportage geschrieben. Die Freiheit von Wort und Schrift war zwar verfassungsmäßig garantiert, doch bereits 1922 wurde nach der Ermordung von Walter Rathenau das Republikschutzgesetz erlassen, das diese Freiheit wieder einschränkte. Viele Schriftsteller litten unter dieser Zensur. In der Praxis wurde dieses Gesetz allerdings nur gegen linke Autoren angewandt. Aber gerade die rechts gerichteten Schriftsteller waren es häufig, die in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Die Grenzen der Zensur wurden im Jahr 1926 durch das sogenannte Schund- und Schmutzgesetz nochmals verstärkt. Die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen wurden durch die Pressenotverordnung im Jahr 1931 ermöglicht.

Zur Zeit des Nationalsozialismus mussten viele Schriftsteller ins Ausland fliehen. Dort entstand die sogenannte Exilliteratur. Ausgangspunkt der Exilbewegung ist der Tag der Bücherverbrennung am 30. Mai 1933 im nationalsozialistischen Deutschland. Alle nicht-arischen Werke wurden verboten und symbolträchtig verbrannt. Daraufhin flohen zahlreiche Schriftsteller aus Deutschland ins Ausland. Die Exilliteratur bildet eine eigene Literaturepoche in der deutschen Literaturgeschichte. Sie schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an. Die Exilliteratur lässt sich insbesondere an den typischen Themenschwerpunkten wie Sehnsucht nach der Heimat, Widerstand gegen Nazi-Deutschland oder Aufklärung über den Nationalsozialismus ausmachen. Anders als andere Epochen der Literatur, die zum Beispiel bei der formalen Gestaltung (also in Sachen Metrum, Reimschema oder dem Gebrauch bestimmter rhetorischer Mittel) ganz charakteristische Merkmale aufweisen, ist die Exilliteratur nicht durch bestimmte formale Merkmale gekennzeichnet. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Expressionismus, Realismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte gesellschaftliche Entwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).

Das 213 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Herbert Eulenberg ist auch der Autor für Gedichte wie „Chorus der Menschheit“ und „An den Rhein“. Zum Autor des Gedichtes „Winterlichtwende“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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