Kaiserswerth von Herbert Eulenberg

Die Stille segnet dich mit vollen Händen,
mein Städtchen. Wie ein milder ernster Greis,
der sich den Tod längst nicht mehr schrecklich weiß,
wallt leis der Rhein vorbei, gewillt zu enden.
 
Mit Schiffchen spielt er, lässt sich sanft verwenden
und malt dich zitternd ab zu deinem Preis:
Den grauen Dom, die tote Burg, den Kreis
der kleinen Häuser mit geweißten Wänden.
 
Horch! Es schlägt Mittag. Alle Glocken klingen
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vermischt, wie Alt und Jung zusammenleben.
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Die Tauben aufgeschreckt ums Kirchdach schweben,
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den Turmhahn lüstet es, sich mitzuschwingen.
 
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Die Sonne lacht aus zarten Wolken matt
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der Menschenzeit auf goldnem Zifferblatt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Kaiserswerth“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
98
Entstehungsjahr
1876 - 1949
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Herbert Eulenberg ist der Autor des Gedichtes „Kaiserswerth“. Der Autor Herbert Eulenberg wurde 1876 in Mülheim am Rhein geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1892 bis 1949 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zugeordnet werden. Bei Eulenberg handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik nahmen der Erste Weltkrieg und die daraufhin folgende Entstehung der Weimarer Republik. Neue Sachlichkeit ist eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik. In den Werken dieser Epoche ist die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionslos-nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Technik, Weltwirtschaftskrise aber auch Erotik deutlich erkennbar. Es ist als Reaktion auf den literarischen Expressionismus zu werten. Die Handlung wurde meist nur kühl und distanziert beobachtet. Die Dichter orientierten sich dabei an der Realität. Mit einem Minimum an Sprache wollte man ein Maximum an Bedeutung erreichen. Mit den Texten sollten so viele Menschen wie möglich erreicht werden. Deshalb wurde darauf geachtet eine einfache sowie nüchterne Alltagssprache zu verwenden. Die Freiheit von Wort und Schrift war zwar verfassungsmäßig garantiert, doch bereits 1922 wurde nach der Ermordung von Walter Rathenau das Republikschutzgesetz erlassen, das diese Freiheit wieder einschränkte. Viele Schriftsteller litten unter dieser Zensur. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die zum Beispiel in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz setze den Schriftstellern dieser Zeit noch mal verstärkt Grenzen. 1931 trat die Pressenotverordnung in Kraft, dadurch waren die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate hinweg möglich geworden.

Als Exilliteratur wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht im Ausland suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk im Heimatland bedroht sind. Für die Flucht ins Exil geben meist politische oder religiöse Gründe den Ausschlag. Die Exilliteratur in Deutschland entstand in den Jahren von 1933 bis 1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten zum Beispiel die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Die Exilliteratur der Literaturgeschichte Deutschlands bildet eine eigene Literaturepoche und folgt auf die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik. Die Exilliteratur lässt sich insbesondere an den typischen Themenschwerpunkten wie Sehnsucht nach der Heimat, Widerstand gegen Nazi-Deutschland oder Aufklärung über den Nationalsozialismus ausmachen. Bestimmte formale Gestaltungsmittel wie zum Beispiel Metrum, Reimschema oder der Gebrauch bestimmter rhetorischer Mittel lassen sich in der Exilliteratur nicht finden. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Realismus und Expressionismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte Gesellschaftsentwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).

Das 98 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Winterlichtwende“, „Das leere Haus“ und „Den Frauen“ sind weitere Werke des Autors Herbert Eulenberg. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kaiserswerth“ keine weiteren Gedichte vor.

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