Kolosseum von Franz Grillparzer
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Was stehst du da, du stolzer Bau, |
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Und siehst mich traurig an, |
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Aus deinen Brauen altergrau, |
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Was hat man dir getan? |
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Sag an, was dir wohl fehlen mag, |
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Und sei es noch so viel, |
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Liegt das Gebrechen erst am Tag, |
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So setzt man wohl ein Ziel. |
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Doch ja! an deinen Wänden hier, |
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Hat Raubsucht dich gepackt, |
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Bis an die festen Rippen schier |
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Steht deine Seite nackt: |
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Allein die Rippen halten noch |
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Und schließen ihren Ring |
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Und trotz dem Räuber stehst du doch, |
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Indes er selbst verging. |
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Auch deines Schmuckes, deiner Zier |
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Wardst frevelnd du beraubt, |
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Und kahl und dürftig stehst du hier, |
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Mit unbedecktem Haupt: |
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Ein andrer seufz ob solchem Druck, |
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Dir sei die Klage fern, |
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Die Größe ist des Großen Schmuck, |
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Nur Kleines putzt sich gern. |
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Dies Zeichen hier am Vorderteil |
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Was bebst und schütterst du? |
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Das Zeichen ists von Ruh und Heil, |
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Wie nähm dirs Heil und Ruh? |
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Wiß, alles Irdische ist schwach, |
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Und alle Kraft ist hohl, |
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Hilft nicht das Überirdsche nach, |
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So steht sichs nimmer wohl. |
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Allein du meinst, dir sei nicht bang, |
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Du würdest selber sehn, |
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Du seist gestanden Säkuln lang |
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Und würdest ferner stehn? |
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Nun wohl, so wirf es denn hindann |
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Und trotze bis zum Tod, |
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Wer von sich selber stehen kann, |
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Hat keiner Stütze not. |
Details zum Gedicht „Kolosseum“
Franz Grillparzer
10
40
212
1819
Biedermeier,
Realismus
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Kolosseum“ ist Franz Grillparzer. 1791 wurde Grillparzer in Wien geboren. Im Jahr 1819 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier oder Realismus zu. Der Schriftsteller Grillparzer ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen und umfasst dabei 212 Worte. Franz Grillparzer ist auch der Autor für Gedichte wie „Werbung“, „Zwischen Gaeta und Kapua“ und „Erklärung“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kolosseum“ weitere 300 Gedichte vor.
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