Zu einem »Lied ohne Worte« von Luise Büchner
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Ich fleh' zu dir, o, lausche meinen Tönen, |
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Die sanfte Luft zu deinem Ohre trägt, |
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Lass' sagen meines Liedes heißes Sehnen, |
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Was lange schon mein volles Herz bewegt. |
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Du lauschst ja auch der Aeolsharfe Klingen, |
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Wenn sanfter Wind durch ihre Saiten zieht, |
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Und lächelst fröhlich bei der Lerche Singen |
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So lächle jetzt auch freundlich meinem Lied. |
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Denn, um das Herz dir schmeichelnd zu erschließen, |
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Hab' ich manch' süßen Ton hineingebannt, |
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Und, die vom Himmel sich zur Erd' ergießen, |
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Die Melodieen der Natur entwandt. |
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Der Nachtigall lauscht' ich im dunklen Hain, |
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Sog ihren vollsten Ton in's Herz hinein, |
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Ich hörte, was bei'm sanften Sternenlicht |
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Geheim die Lilie zu der Rose spricht. |
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Ich lag im Wald am mos'gen Felsenhang, |
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Aus dessen Brust ein Bächlein murmelnd sprang, |
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Des Rieselns Sinn hab' ich ihm abgelauscht, |
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Und wie's ihm Antwort durch die Zweige rauscht. |
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Sein Nachtgebet das letzte Vöglein sang, |
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Zur Ruhe mahnt der Abendglocke Klang, |
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Nur leise summt noch die Cikade dort, |
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Die Glocke schweigt in zitterndem Accord, |
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Ein Seufzer noch - dann hört mein Ohr mit Beben |
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Des Tages letzten Laut in Nacht verschweben. |
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Auf ging der Mond, und neue Melodie'n |
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Begannen durch die stille Nacht zu zieh'n; |
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Der Erd' entströmten süße Liebesklagen, |
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Die milde Lüfte hoch gen Himmel tragen, |
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D'raus leise tröstend Töne niederwallen, |
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Wie droben sie von Engelsharfen schallen. |
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Der Erde Leid, des Himmels sel'ge Lust |
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Die Töne strömen dir aus meiner Brust. |
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Und Blumensprach' und Nachtigallensang |
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Und Bachesmurmeln, Abendglockenklang, |
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Dies Alles ist in meinem Lied erklungen, |
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Ich hab' dir's zitternd, bebend vorgesungen. |
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Dein dunkles Auge eine Thräne füllt, |
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Ein Seufzer deinen Lippen sanft entquillt, |
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Mein flehend Lied, es hat dein Herz erweicht, |
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Des Lebens höchstes Ziel, es ist erreicht! |
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Da wollt' ich jubeln wie der Wasserfall, |
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So sollte donnern meiner Töne Schall, |
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Da wollt' ich jauchzen, wie die junge Welt, |
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Wenn Sonnenkuß nach langer Nacht sie hellt. |
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Hin ist die Kraft - mir blieb ein einz'ger Ton, |
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Wie betend Engelslippen er entfloh'n! |
Details zum Gedicht „Zu einem »Lied ohne Worte«“
Luise Büchner
4
48
322
1821 - 1877
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Zu einem »Lied ohne Worte«“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Luise Büchner. Die Autorin Luise Büchner wurde 1821 in Darmstadt geboren. Im Zeitraum zwischen 1837 und 1877 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 322 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Luise Büchner sind „Zu einer goldnen Hochzeit“, „Schiller“ und „Weiche Luft, nach Sonnenbrande“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Zu einem »Lied ohne Worte«“ weitere 50 Gedichte vor.
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