Die beiden von Hugo von Hofmannsthal
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Sie trug den Becher in der Hand |
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– Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand –, |
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So leicht und sicher war ihr Gang, |
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Kein Tropfen aus dem Becher sprang. |
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So leicht und fest war seine Hand: |
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Er ritt auf einem jungen Pferde, |
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Und mit nachlässiger Gebärde |
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Erzwang er, daß es zitternd stand. |
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Jedoch, wenn er aus ihrer Hand |
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Den leichten Becher nehmen sollte, |
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So war es beiden allzu schwer: |
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Denn beide bebten sie so sehr, |
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Daß keine Hand die andre fand |
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Und dunkler Wein am Boden rollte. |
Details zum Gedicht „Die beiden“
Hugo von Hofmannsthal
3
14
85
1896
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die beiden“ wurde von Hugo von Hofmannsthal verfasst, einem österreichischen Schriftsteller, Dramatiker und Lyriker, der während des Fin de Siècle lebte und arbeitete, einer Epoche des gesellschaftlichen und kulturellen Umbruchs in Europa am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Auf den ersten Blick erzählt das Gedicht eine recht einfache Geschichte von einer Begegnung zwischen einem Mann und einer Frau. Es besteht aus drei Strophen in relativ freier Form, mit einer zunehmend ungeordneten Anzahl von Versen je Strophe, was einen gewissen Grad an Unbehagen heraufbeschwört.
Die Verse beschreiben zunächst die Frau und dann den Mann in ihrer jeweiligen Unabhängigkeit und Stärke, sie in ihrer Anmut und Geschicklichkeit, er in seiner Stärke und Kontrolle. Im dritten Teil des Gedichts, wenn der Mann versucht, den Becher aus der Hand der Frau zu nehmen, enthüllt sich eine überraschende Schwachstelle: Beide zittern so stark, dass sie den Becher nicht sicher übergeben können und der Wein am Boden rollt.
Was das lyrische Ich damit aussagen möchte, ist Interpretationssache, kann aber als Kommentar zur menschlichen Beziehung und Verletzlichkeit gesehen werden. Es kann verstanden werden als Metapher für die Art und Weise, wie Individuen in der Begegnung mit anderen ihre Stärke und Kontrolle verlieren können.
Die formale Struktur des Gedichts spiegelt dieses Thema auf künstlerische Weise wider. Die erste und zweite Strophe haben jeweils vier Verse, ein starkes, geordnetes Muster, das der Schwäche und Unordnung in der dritten Strophe, die sechs Verse hat, entgegensteht. Hinzu kommt, dass Hofmannsthal eine einfache, klare Sprache verwendet, die den Kontrast zwischen der äußeren Stärke und der inneren Verletzlichkeit der Charaktere unterstreicht.
Alles in allem ist „Die beiden“ ein subtiler, aber eindringlicher Kommentar zum menschlichen Zustand und zur Komplexität menschlicher Beziehungen. Es zeigt, wie einfache Alltagssituationen verwendet werden können, um tiefgründige psychologische und emotionale Zustände zu veranschaulichen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die beiden“ des Autors Hugo von Hofmannsthal. 1874 wurde Hofmannsthal in Wien geboren. 1896 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 85 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke des Dichters Hugo von Hofmannsthal sind „Dein Antlitz...“, „Der Jüngling in der Landshaft“ und „Der Kaiser von China spricht“. Zum Autor des Gedichtes „Die beiden“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 40 Gedichte vor.
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Zum Autor Hugo von Hofmannsthal sind auf abi-pur.de 40 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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