An den Verstorbenen von Georg Herwegh
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O Ritter, toter Ritter, |
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Leg' deine Lanze ein! |
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Sie soll in tausend Splitter |
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Von mir zertrümmert sein. |
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Heran auf deinem Rappen, |
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Du bist ein arger Schalk, |
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Trotz Knappen und trotz Wappen, |
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Trotz Falk und Katafalk! |
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Ich steh' nicht bei dem Trosse, |
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Der räuchernd vor dir schweigt, |
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Weil du ein Herz für Rosse |
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Und fürs Kamel gezeigt; |
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Baschkire oder Mandschu |
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Was schiert mich deine Welt? |
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Ich schleudre meinen Handschuh |
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Dir in dein ödes Zelt. |
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Dem Reich der Mamelucken |
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Weissagst du Auferstehn, |
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Und sähest ohne Zucken |
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Dein Vaterland vergehn; |
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Doch wiegtest unter Palmen |
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Du dein Prophetenhaupt, |
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Wenn nicht aus unsern Halmen |
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Du erst dein Gold geraubt? |
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Du steuerst nun so lange |
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Im Weltmeer aus und ein, |
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Und ward es nie dir bange, |
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Daß du so klein, so klein? |
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Ist er dir nie erschienen, |
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Der Fürst von Ithaka, |
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Wenn deine Sündermienen |
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In seinem Reich er sah? |
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Und sprach er nie mit Grollen:? |
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»Fort aus dem freien Meer! |
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Wirf nicht in seinen Schollen |
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Dein Lügenkorn umher! |
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Zieh heim an deine Pleiße, |
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Zieh heim an deine Spree; |
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Nicht jede Fürstenreise |
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Ist eine Odyssee.« |
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Wohl ist er unerreichbar |
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Der göttliche Uliß, |
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Doch du bist ihm vergleichbar |
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Am wenigsten gewiß. |
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Im Saus nicht und im Brause |
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Hat er die Zeit verdehnt, |
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Er hat sich stets nach Hause |
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Zu Weib und Volk gesehnt. |
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Für deines Volkes Rechte |
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Wie fochtest du so schlecht! |
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Du standest im Gefechte |
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Ja, für das Türkenrecht; |
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Du stirbst auch auf dem Schilde, |
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Ja, auf dem Wappenschild; |
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Klag' nicht, daß deine Gilde |
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Fortan bei uns nichts gilt! |
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Den Marmor bringt Karrara |
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Noch nicht für den hervor, |
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An den der Niagara |
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Den Donner selbst verlor, |
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Der nur in alle Fernen |
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Zu seiner Schmach gereist, |
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Und noch vor Gottes Sternen |
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Auf seine Sternchen weist. |
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O Ritter, schlechter Ritter, |
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Leg' deine Lanze ein! |
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Sie soll in tausend Splitter |
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Von mir zertrümmert sein. |
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Laß ab, laß ab und spähe |
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Nicht nach der Wüste Sand! |
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Ich setze in der Nähe |
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Dich in dein Vaterland. |
Details zum Gedicht „An den Verstorbenen“
Georg Herwegh
9
72
324
1841
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An den Verstorbenen“ wurde von dem Dichter Georg Herwegh verfasst, der zwischen 1817 und 1875 lebte. Diese zeitliche Einordnung lässt vermuten, dass das Gedicht in der Epoche des Realismus oder des späten Biedermeier entstanden ist.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie eine Art Abschiedsbrief oder Beschimpfung an einen verstorbenen Ritter. Es hat eine harte, kritische Tonart, die dem lyrischen Ich erlaubt, seine Meinung zu dem verstorbenen Ritter eindeutig auszudrücken.
Der Inhalt des Gedichts handelt von dem lyrischen Ich, das den verstorbenen Ritter auffordert, seine Waffen niederzulegen und seine bisherigen Taten zu bereuen. Der Ritter wird als jemand dargestellt, der vermeintlich hohe Werte vertritt, aber letztendlich egoistische und falsche Taten begangen hat. Der Dichter kritisiert die Haltung des Ritters, die er als verlogen und unaufrichtig empfindet.
Formal besteht das Gedicht aus neun Strophen mit jeweils acht Versen. Es hat eine klare Struktur und ein einheitliches Versmaß, was die Aussage des lyrischen Ichs betonen soll. Die Sprache des Gedichts ist direkt und unverblümt, mit teils drastischen Bildern, die den Verdacht des lyrischen Ichs über die wahre Natur des Ritters verdeutlichen.
Sprachlich fallen die Anspielungen auf bekannte Mythen und Orte auf, etwa auf Ithaka und Uliß (Odysseus), die in der griechischen Mythologie stehen, oder auf Orte wie die Pleiße und Spree, was auf eine deutsche Herkunft des Ritters hinweisen könnte. Diese Anspielungen verleihen dem Gedicht eine gewisse Tiefe und geben Raum für Interpretationen über die Identität des Ritters und die mögliche symbolische Bedeutung seiner Taten.
Zusammengefasst kann man sagen, dass „An den Verstorbenen“ ein treffendes Beispiel für Herweghs kritische und herausfordernde Dichtkunst darstellt, die sich nicht scheut, hohe Ideale in Frage zu stellen und Fehlverhalten anzuprangern. So könnte das Geheimnis des Verstorbenen auch als Metapher für eine Gesellschaft interpretiert werden, die ihre wahren Werte vergisst und sich stattdessen auf scheinheilige Taten stützt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „An den Verstorbenen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Georg Herwegh. Im Jahr 1817 wurde Herwegh in Stuttgart geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1841 zurück. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei dem Schriftsteller Herwegh handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 72 Versen mit insgesamt 9 Strophen und umfasst dabei 324 Worte. Die Gedichte „Den Siegestrunknen.“, „Der arme Jakob und die kranke Lise.“ und „Der schlimmste Feind“ sind weitere Werke des Autors Georg Herwegh. Zum Autor des Gedichtes „An den Verstorbenen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 200 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Georg Herwegh sind auf abi-pur.de 200 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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