An Frau Karolina S. in Zürich von Georg Herwegh
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Nur zagend lass' ich meinen Worten |
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Vor andern Menschen ihren Lauf; |
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Dir schließen sich die letzten Pforten |
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Von meinem Herzen klingend auf; |
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Mir ist, dir dürf' ich alles sagen, |
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Die tiefste Seele wird mir flott; |
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Wie ich mag in die Saiten schlagen, |
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Um deine Lippen blitzt kein Spott. |
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Die Welt will, daß man sie betrüge |
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Durch ein erheuchelt fromm Gefühl, |
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Mit Anstand einen Frieden lüge, |
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Wenn's in der Brust uns dumpf und schwül; |
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Du hörest, seltenste der Frauen, |
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Den kecken Schwärmer ohne Groll, |
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Du weißt, man muß ihn selber bauen, |
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Den Himmel, dran man glauben soll. |
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Gleichwie am stillen Abend schmettert |
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Durch heitre Luft Trompetenklang, |
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Gleichwie's um Rosenbüsche wettert |
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Ein blühendes Gestad' entlang, |
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Gleichwie zum Sturme ruft die Glocke, |
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Indes noch Beter am Altar, |
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Wie neben eines Kindes Locke |
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Ein graues, ernstes Greisenhaar, |
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So tönt zu meinem stillen Volke |
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Mein zürnend, freiheitheischend Lied; |
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Ich bin die schwere, schwarze Wolke, |
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Der Gott den Donner nur beschied; |
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Ich bin kein froher, freud'ger Buhle, |
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Des Wappen Rose und Pokal, |
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Ich sitz' als Gast auf Bankos Stuhle |
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Bei jedem frechen Königsmahl. |
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O könnt' im finstern Rat der Alten |
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Mein Lied ein zündend Feuer sein! |
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Doch ach! die Nüchternen, die Kalten |
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Verlangen abgelegnen Wein. |
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Im Zorn oft drückt' ich auf die Flasche |
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Den Kork - es öffnet sich dein Haus, |
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Auf deinem Herde schlägt die Asche |
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Zu neuen kühnen Flammen aus. |
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Du bist des schwachen Samenkornes |
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Getreue, stille Pflegerin, |
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Den ganzen Frühling meines Zornes |
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Ich leg' ihn dir als Opfer hin. |
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Wohl waren manche Perlen fertig, |
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Doch noch der echten Taucherhand, |
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Noch deiner lieben Hand gewärtig; |
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Nimm sie - und wirf sie in den Sand! |
Details zum Gedicht „An Frau Karolina S. in Zürich“
Georg Herwegh
6
48
270
1841
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An Frau Karolina S. in Zürich“ stammt von Georg Herwegh, einem bedeutenden Vertreter der politischen Lyrik in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Das genaue Entstehungsdatum des Gedichts ist nicht angegeben, man kann es jedoch aufgrund des Todesdatums des Autors in die Epoche der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einordnen.
Auf den ersten Eindruck hin wirkt das Gedicht sehr leidenschaftlich, intensiv und zugleich nachdenklich. Herwegh kommuniziert offenbar eine tiefe Zuneigung und Verbundenheit zu der Adressatin Karolina S., während er zugleich einen starken Unmut gegenüber der Gesellschaft seiner Zeit ausdrückt.
Inhaltlich handelt das Gedicht von der engen emotionalen Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und der angesprochenen Frau Karolina S. Das lyrische Ich offenbart seine Gefühle und Gedanken ihr gegenüber ohne Scheu, da er sich bei ihr verstanden und akzeptiert fühlt, selbst wenn er seine kühnsten und rebellischsten Ideen äußert. Gleichzeitig kritisiert das lyrische Ich die Gesellschaft, die Scheinheiligkeit und Aufrichtigkeit von Gefühlen erfordert, und ein falsches Bild von Frieden und Hingabe verlangt. Das lyrische Ich sieht sich selbst als eine rebellische Stimme, die gegen eine manipulative Herrschaft auftritt und eine freie und unvoreingenommene Haltung einnimmt.
Die Form des Gedichts besteht aus sechs Strophen zu je acht Versen, was eine gewisse Regelmäßigkeit zur Folge hat. Die Sprache des Gedichts ist reich an metaphorischen Ausdrücken und Bildern, die auf die tiefe Emotionalität des lyrischen Ichs hinweisen, seine Leidenschaft für Unabhängigkeit und Wahrheit sowie seine Abneigung gegen Heuchelei und Unterdrückung. Durch die direkte Ansprache der Adressatin wird eine engere, persönliche Bindung zwischen dem lyrischen Ich und dem Leser geschaffen. Darüber hinaus lässt die genaue Beschreibung von Gefühlen und Eindrücken ein starkes Bild der innigen Verbundenheit zwischen dem lyrischen Ich und der Adressatin entstehen. Dabei scheint auch ein politischer Subtext in dem Gedicht hervorzutreten - das Bedürfnis nach Freiheit, Ehrlichkeit und individueller Autonomie, was die sozialkritische Haltung Herweghs widerspiegelt.
Weitere Informationen
Das Gedicht „An Frau Karolina S. in Zürich“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Georg Herwegh. Der Autor Georg Herwegh wurde 1817 in Stuttgart geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1841 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Der Schriftsteller Herwegh ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 270 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 48 Versen. Georg Herwegh ist auch der Autor für Gedichte wie „Bundeslied für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein.“, „Das Lied vom Hasse.“ und „Den Siegestrunknen.“. Zum Autor des Gedichtes „An Frau Karolina S. in Zürich“ haben wir auf abi-pur.de weitere 200 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Georg Herwegh sind auf abi-pur.de 200 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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