Leicht Gepäck von Georg Herwegh

Ich bin ein freier Mann und singe
Mich wohl in keine Fürstengruft,
Und alles, was ich mir erringe,
Ist Gottes liebe Himmelsluft.
Ich habe keine stolze Feste,
Von der man Länder übersieht,
Ich wohn' ein Vogel nur im Neste,
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
 
Ich durfte nur, wie andre, wollen,
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Und wär' nicht leer davongeeilt,
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Wenn jährlich man im Staat die Rollen
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Den treuen Knechten ausgeteilt;
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Allein ich hab' nie zugegriffen,
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So oft man mich herbei beschied,
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Ich habe fort und fort gepfiffen,
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Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
 
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Der Lord zapft Gold aus seiner Tonne,
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Und ich aus meiner höchstens Wein;
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Mein einzig Gold die Morgensonne,
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Mein Silber all der Mondenschein!
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Färbt sich mein Leben herbstlich gelber,
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Kein Erbe, der zum Tod mir riet;
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Denn meine Münzen prägt' ich selber;
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Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
 
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Gern sing' ich abends zu dem Reigen,
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Vor Thronen spiel' ich niemals auf;
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Ich lernte Berge wohl ersteigen,
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Paläste komm' ich nicht hinauf;
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Indes aus Moder, Sturz und Wettern
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Sein golden Los sich mancher zieht,
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Spiel' ich mit leichten Rosenblättern;
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Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.
 
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Nach dir, nach dir steht mein Verlangen,
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O schönes Kind, o wärst du mein!
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Doch du willst Bänder, du willst Spangen,
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Und ich soll dienen gehen? Nein!
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Ich will die Freiheit nicht verkaufen,
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Und wie ich die Paläste mied,
39 
Lass' ich getrost die Liebe laufen;
40 
Mein ganzer Reichtum sei mein Lied.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Leicht Gepäck“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
235
Entstehungsjahr
1840
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Leicht Gepäck“ wurde von Georg Herwegh geschrieben, einem deutschen Dichter der Zeit des Vormärz. Dieser Zeitabschnitt liegt zwischen dem Wiener Kongress 1815 und der Märzrevolution 1848. Es war eine Epoche der politischen und sozialen Unruhen in Deutschland, die von der Forderung nach mehr politischer Partizipation und Reformen geprägt war.

Auf den ersten Blick erzeugt das Gedicht den Eindruck von Freiheit und Unabhängigkeit. Es ruft Bilder von natürlichen und unbeschwerten Dingen hervor: Die Himmelsluft, ein Vogelnest, die Morgensonne, Mondenschein, und Rosenblätter.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um ein lyrisches Ich, das seine Freiheit und Unabhängigkeit gegenüber materiellen Gütern betont. Dieses Ich lehnt konventionelle Vorstellungen von Reichtum und Macht ab und betont stattdessen den Wert von Natur, Freiheit und vor allem seinem eigenen Lied, das als Metapher für seine Dichtkunst steht. Es legt Wert auf seine künstlerischen Fähigkeiten und weigert sich, seine Freiheit für materielle Güter, Macht oder sogar Liebe aufzugeben.

Die Form des Gedichts ist die eines klassischen Liedes mit gleichbleibendem Reimschema (ababccdd) und wiederholter Schlusszeile in jeder Strophe („Mein ganzer Reichtum ist/sei mein Lied.“). Diese Wiederholung betont das beharrliche Festhalten des lyrischen Ichs an seiner Kunst, an seiner Freiheit, und seine Ablehnung der materialistischen Welt.

Die Sprache des Gedichts ist klar und direkt, jedoch voller wunderschöner und lebendiger Bilder. Es kontrastiert die Einfachheit und Natürlichkeit des Lebens des lyrischen Ichs mit der künstlichen und materialistischen Welt der Reichen und Mächtigen. Der Dichter verwendet einfache, alltägliche Sprache und drückt gleichzeitig tiefe und komplexe Gefühle und Gedanken aus.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Leicht Gepäck“ ein starkes Bekenntnis zur künstlerischen Freiheit und ein Protest gegen die Materialismus ist. Es stellt die Frage nach dem wahren Wert und Bedeutung des Lebens und der Kunst. In der Zeit des Vormärz, in der die politische und soziale Ungerechtigkeit zunahm, kann es auch als Kritik an der Gesellschaft und als Aufruf zur Rebellion und Reform gesehen werden.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Leicht Gepäck“ des Autors Georg Herwegh. Im Jahr 1817 wurde Herwegh in Stuttgart geboren. 1840 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei dem Schriftsteller Herwegh handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 235 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Georg Herwegh sind „Das Lied vom Hasse.“, „Den Siegestrunknen.“ und „Der arme Jakob und die kranke Lise.“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Leicht Gepäck“ weitere 200 Gedichte vor.

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