Dem deutschen Volk von Georg Herwegh
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Deutschland, o zerrissen Herz, |
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Das zu Ende bald geschlagen, |
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Nur um dich noch will ich klagen, |
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Und in einer Brust von Erz |
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Schweigend meinen kleinen Schmerz, |
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Meinen kleinen Jammer tragen, |
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Vaterland, um dich nur klagen. |
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Lustig grünt dein Nadelholz, |
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Lustig rauschen deine Eichen; |
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In den neununddreißig Reichen |
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Fehlt ein einzig Körnchen Golds: |
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Freier Bürger hoher Stolz |
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Fehlt im Lande sondergleichen, |
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In den neununddreißig Reichen. |
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Wenn ein Sänger für dich focht, |
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Wenn ein Mann ein Schwert geschwungen, |
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Hast du scheu nur mitgesungen, |
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Hast du schüchtern mitgepocht; |
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Und man hat dich unterjocht, |
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Hat dich in den Staub gezwungen, |
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Weil du gar so still gesungen. |
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Ihr beweinet's und bereut's |
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Und das nennt ihr deutsche Treue? |
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Laßt die Tränen, laßt die Reue, |
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Soll nicht einst der Enkel Teuts |
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Sterben an der Zwietracht Kreuz, |
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Kämpf' und handle, Volk, aufs neue, |
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Denn der Teufel ist die Reue! |
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Tritt in deiner Fürsten Reihn! |
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Sprich: die neununddreißig Lappen |
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Sollen wieder besser klappen |
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Und ein Heldenpurpur sein; |
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Ein Reich, wie ein Sonnenschein! |
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Ein Herz, ein Volk und ein Wappen! |
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Helf' uns Gott - so soll es klappen! |
Details zum Gedicht „Dem deutschen Volk“
Georg Herwegh
5
35
178
1841
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das hier interpretierte Gedicht heißt „Dem deutschen Volk“ und stammt von Georg Herwegh, einem deutschen Dichter der Romantik und Vormärz. Es ist zeitlich im 19. Jahrhundert angesiedelt – einer Zeit, wo in Deutschland das Verlangen nach Einigung und Freiheit immer größer wurde.
Schon beim ersten Lesen lässt sich eine tiefgreifende Verbundenheit des Dichters mit Deutschland erahnen, ebenso wie eine Art Klage. Das lyrische Ich spricht im Text von seinem „kleinen“ Schmerz und Kummer, was auf eine starke persönliche Beziehung zu seinem Thema hindeutet.
Inhaltlich richtet sich das Gedicht an das deutsche Volk. Das lyrische Ich klagt über die Zerrissenheit und politische Schwäche Deutschlands, die sich in der Aufteilung in „neununddreißig Reiche“ zeigt. Dabei wird einerseits die natürliche Schönheit des Landes betont („Lustig grünt dein Nadelholz, Lustig rauschen deine Eichen“), andererseits aber das Fehlen politischer Stärke und Einheit („Fehlt ein einzig Körnchen Golds: Freier Bürger hoher Stolz“) beklagt. Hinzu kommt eine Kritik an der Passivität des Volkes („Hast du scheu nur mitgesungen, Hast du schüchtern mitgepocht“), das sich in der Vergangenheit zu leicht hat unterjochen lassen.
Das lyrische Ich appeliert an das deutsche Volk, sich nicht in Reue und Trauer zu ergehen, sondern für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Es schlägt vor, die „neununddreißig Lappen“ (also die vielen Kleinstaaten) wieder besser – sprich: stärker und geeinter – zu gestalten und fordert: „Ein Herz, ein Volk und ein Wappen!“ Es ruft quasi zu einer Revolution auf und hebt dabei die Hoffnung auf Gottes Beistand hervor.
Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils sieben Versen. Die Verse sind in einem schlichten, eindringlichen Ton verfasst, setzen dabei aber auf starke visuelle und emotionale Bilder. Sein Sprachstil ist direkter, lebendiger Ausdruck des romantischen Geistes und variiert zwischen leidenschaftlichen Appellen, reflektierenden Klagen und hoffnungsvollen Zukunftsvisionen. Damit gelingt Herwegh eine eindringliche Darstellung der politisch-gesellschaftlichen Situation seiner Zeit, die noch heute ihre Kraft nicht verloren hat.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Dem deutschen Volk“ des Autors Georg Herwegh. Geboren wurde Herwegh im Jahr 1817 in Stuttgart. Das Gedicht ist im Jahr 1841 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Herwegh handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 35 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 178 Worte. Der Dichter Georg Herwegh ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Lied vom Hasse.“, „Den Siegestrunknen.“ und „Der arme Jakob und die kranke Lise.“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Dem deutschen Volk“ weitere 200 Gedichte vor.
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