O lobt euch nur des Westes Schmeichelwehen von Georg Herwegh

O lobt euch nur des Westes Schmeichelwehen,
Wenn kräuselnd er ob blauen Flächen zittert
Und kaum dem Schilf ein welkes Blatt zerknittert
Ihr stillen Seelen, mög's euch wohlergehen!
 
Ich aber muß das Meer im Sturme sehen,
Wenn Segel reißen, wenn der Mast zersplittert,
Wenn's in mir, um mich, über mir gewittert,
Wenn Luft und Wasser hell im Brande stehen.
 
Ihr mögt ein ungleich größer Glück erfahren,
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Daß eure Gluten lange schon verlodert,
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Eh' euer Leib im Schoß der Erde modert.
 
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Ich werd' nun einmal wilder mit den Jahren,
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Die Leidenschaft ist mein Eliaswagen,
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Und Feuer nur kann mich zum Himmel tragen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „O lobt euch nur des Westes Schmeichelwehen“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
101
Entstehungsjahr
1817 - 1875
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „O lobt euch nur des Westes Schmeichelwehen“ stammt von dem deutschen Dichter Georg Herwegh, der im 19. Jahrhundert lebte und wirkte. Das Gedicht ist somit der Epoche des Vormärz und der Revolution von 1848/49 zuzuordnen, ein Zeitraum, in welchem Herwegh als einer der bedeutendsten politisch engagierten Lyriker hervortrat.

Beim ersten Eindruck fällt auf, dass das lyrische Ich sich in diesem Gedicht in einer kontrastreichen Auseinandersetzung mit einer anonymen Gruppe von Personen befindet. Diese Gruppe wird angesprochen als „ihr stillen Seelen“, und zwischen ihnen und dem lyrischen Ich besteht ein Gegensatz in Bezug auf ihre Lebenseinstellung und ihr Erleben von Natur und Leidenschaft.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen, wobei die ersten beiden je vier Verse und die beiden letzten je drei Verse haben. Inhaltlich geht es im ersten Teil um das Lob und die Freude der „stillen Seelen“ am ruhigen, friedlichen Westwind, der über eine blaue Fläche weht und gerade einmal ein welkes Blatt im Schilf bewegt. Das lyrische Ich distanziert sich jedoch stark von dieser ruhigen, sanften Naturerfahrung. In der zweiten Strophe drückt es seine Vorliebe für das wilde, stürmische Meer aus und beschreibt hierbei eine viel dramatischere Szene mit zerrissenen Segeln, zersplittertem Mast, Gewitter und einem im Feuer stehenden Meer.

In den beiden letzten Strophen setzt das lyrische Ich seine Vorliebe für das Stürmische und Wildere, sowohl in der Natur als auch im eigenen Inneren, fort. Es spricht von der Leidenschaft als seinem „Eliaswagen“ - einer Anspielung auf die biblische Geschichte des Propheten Elias, der mit einem feurigen Wagen in den Himmel auffährt. Die Gruppe der ruhigen Seelen hingegen wird als solche beschrieben, deren Glut verloschen ist und die erst nach ihrem Tod Erfahrung erlangen.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt durch einen reichhaltigen, bildhaften Ausdruck und eine Vielzahl von Verben, die Bewegung und Aktivität ausdrücken („zittert“, „zerknittert“, „reißen“, „zersplittert“, „gewittert“). Dies unterstreicht das Bild einer lebendigen, bewegten Welt, die sowohl in der Natur als auch in der menschlichen Seele vorhanden ist.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das lyrische Ich in Herweghs Gedicht die Leidenschaft und das Stürmische vorzieht und als treibende Kraft seines Lebens ansieht, während es die ruhige, stille Lebensweise der anderen kritisch hinterfragt. Durch seinen ausdrucksstarken, lebendigen Sprachstil gelingt es Herwegh, eine spannungsvolle Atmosphäre zwischen diesen beiden Lebensentwürfen zu erzeugen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „O lobt euch nur des Westes Schmeichelwehen“ des Autors Georg Herwegh. Im Jahr 1817 wurde Herwegh in Stuttgart geboren. Im Zeitraum zwischen 1833 und 1875 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Der Schriftsteller Herwegh ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 101 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Georg Herwegh sind „Der schlimmste Feind“, „Die Arbeiter an ihre Brüder“ und „Die Partei“. Zum Autor des Gedichtes „O lobt euch nur des Westes Schmeichelwehen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 200 Gedichte vor.

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