Polen an Europa von Georg Herwegh

Der heil'ge Krieg ist neu entglommen,
Die Söhne Polens werden wach,
Wir haben unser Schwert genommen
Nach fünfzehn Jahren tiefer Schmach.
An dich, du stumme Zeugin unsrer Klage
Und unsrer namenlosen Qual,
An dich, Europa, richten wir die Frage:
Verläßt du uns zum zweitenmal?
 
Ist's nicht ein Kampf für deine Sache?
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Ein Kampf, von jedem Flecken rein?
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Auf! Polens Adler will der Rache
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Gebenedeiter Engel sein.
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Die Saat ist reif, es rauschen unsre Sensen,
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Wir schwingen auch für dich den Stahl:
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Die Hoffnung sieh in unsern Augen glänzen
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Verlaß uns nicht zum zweitenmal!
 
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Du liegst an alter Schuld erkranket -,
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Europa, o entsühne dich!
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Und schnell, solang die Waage schwanket,
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Wirf noch dein Herz hinein für mich.
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Dein Zaudern wäre dreifach ein Verbrechen,
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Denn dreifach ist der Feinde Zahl;
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Für dich und mich ein dreifach Joch zu brechen,
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Verlaß mich nicht zum zweitenmal.
 
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Ein wildes Meer von Aufruhrflammen,
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Der Zorn der ganzen Welt vereint,
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Schlag über seinem Haupt zusammen
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Und trümmre nieder unsern Feind!
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Deutschland! sei zwischen uns ein Bundeszeichen,
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Der Freiheit loderndes Signal!
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Auch Polens Aar trägt einen Kranz von Eichen:
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Verlaß mich nicht zum zweitenmal.
 
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Auf, Preußen, schüttle deine Ketten!
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Erkämpf dein Recht, der Tag ist da!
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Es gilt ja mich und euch zu retten
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Auf, Ungarn! auf, Italia!
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O Galliens Hahn, sprich, bist du blind geworden
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Und ahnst du nicht den Morgenstrahl?
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Sie nahn, sie wüten, die Barbarenhorden
40 
Verlaßt uns nicht zum zweitenmal!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.7 KB)

Details zum Gedicht „Polen an Europa“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
236
Entstehungsjahr
1817 - 1875
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Polen an Europa“ wurde von dem deutschen Schriftsteller und Lyriker Georg Herwegh verfasst, der von 1817 bis 1875 lebte. Das Werk lässt sich daher in das 19. Jahrhundert und speziell in die Zeit des Vormärz einordnen, einer Ära der deutschen Geschichte, die von politischen Umbrüchen und revolutionären Ideen geprägt war.

Auf den ersten Eindruck scheint das Gedicht ein leidenschaftlicher und emotionaler Aufruf zu sein, in dem das lyrische Ich - ein Personifikation Polens - sich an Europa wendet und um Unterstützung bittet.

Inhaltlich fordert Herwegh im Namen Polens Europa dazu auf, dem Land in seinem Kampf gegen Unterdrückung und Fremdherrschaft beizustehen. Das lyrische Ich drückt dabei die Hoffnung und das Leid der polnischen Bevölkerung aus und stellt ihre Anstrengungen sowie ihr Engagement zum Ausdruck. Es warnt vor einem drohenden Angriff „der Barbarenhorden“ und appelliert an die Solidarität und das Mitgefühl Europas.

Das Gedicht folgt einer klar strukturierten Strophen- und Versform und besteht aus fünf achtzeiligen Strophen. Die Sprache des Gedichts ist stark emotional aufgeladen und voller Pathos. Es enthält viele Aufrufe („Auf, Preußen, schüttle deine Ketten!“) und einschmeichelnde Anspielungen an andere Nationen („O Galliens Hahn“). Es verwendet Symbole des Nationalismus sowie religiöse Referenzen („Die Hoffnung sieh in unsern Augen glänzen“) und schafft so eine Atmosphäre von Dringlichkeit und ein Gefühl der Gemeinschaft.

Insgesamt betrachtet kann das Gedicht als ein leidenschaftlicher Aufruf zur Solidarität und Unterstützung der polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen gesehen werden. Es drückt die Hoffnungen und Ängste der polnischen Bevölkerung aus und appelliert an das Mitgefühl und die moralische Verantwortung Europas.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Polen an Europa“ ist Georg Herwegh. Der Autor Georg Herwegh wurde 1817 in Stuttgart geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1833 bis 1875 entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Herwegh ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 236 Worte. Georg Herwegh ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Arbeiter an ihre Brüder“, „Die Partei“ und „Die Schweiz“. Zum Autor des Gedichtes „Polen an Europa“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 200 Gedichte vor.

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